Buggo, Poppo und Bligger. Geschichten aus einem Kloster

Erstellt | Geändert

Germanisches Nationalmuseum Nürnberg: Buggo, Poppo und Bligger. Geschichten aus einem Kloster, Studioausstellung vom 10. Oktober 2019 - 19. April 2020. 

Sie ist eine der am häufigsten abgebildeten Darstellungen, wenn es ums mittelalterliche Bauen geht: die um 1550 entstandene Zeichnung des Klosters Schönau im Bau. Das Blatt gehört zu einer zehnteiligen Serie, die wahre und legendäre Begebenheiten rund um die Entstehung des Klosters schildert. Zum ersten Mal sind die großformatigen Szenen nun in einer Studioausstellung zu sehen, ergänzt um Publikationen, in denen sie schon im 19. Jahrhundert gewürdigt wurden.

Das Kloster Schönau

DasZisterzienserkloster Schönau im Odenwald wurde 1142 vom Wormser Bischof Burchard II., genannt Buggo, gegründet. Das Gebiet stand unter der Herrschaft des Grafen Poppo III. von Laufen, der es als Unterlehen an Bligger I. von Steinach weitervergeben hatte. Im Zuge der Reformation wurde das Kloster 1560 durch die pfälzischen Kurfürsten wieder aufgehoben. Vermutlich kurz vor Aufhebung entstanden die Zeichnungen, die sich seit 1861 im Besitz des Germanischen Nationalmuseums befinden.

Die Folge erzählt von drei Begebenheiten: dem Bau der Klosterkirche, der Geschichte der Hildegundis, die als Mann verkleidet Aufnahme ins Kloster fand und deren wahres Geschlecht erst nach ihrem Tod bekannt wurde, und
einem Aufstand der Laienbrüder, die für neues warmes Schuhwerk kämpften, wie es für die Mönche bereits selbstverständlich war.

Die Szenen sind alle in Bleistift angelegt und mit dunkler Feder ausgeführt. Da Hinweise auf Korrekturen fehlen, gehen sie sehr wahrscheinlich auf ältere Vorlagen zurück - vermutlich auf Glasfenster aus dem späten 15. Jahrhundert und Wandmalereien von etwa 1525 aus dem Kloster Schönau selbst.

Bauen im Mittelalter
Die berühmteste Zeichnung der Serie zeigt anschaulich, wie üblicherweise im 14. und 15. Jahrhundert gebaut wurde (obwohl das Kloster Schönau bereits 1142 gegründet worden war): Auf einer langen Leiter befördern zwei Männer Baumaterial in einer Trage nach oben. Die Leiter endet auf den Mauern der halbfertigen Klosterkirche, auf der außerdem ein hölzerner Kran
steht, an dessen Steinzange ein Quader hängt – eine Krantechnik, die erst seit der Mitte des 13. Jahrhunderts bekannt ist. Zwei Steinmetze nehmen den Steinblock in Empfang und bringen ihn in seine endgültige Position. Am Fuß der Leiter mischen Arbeiter mit Schaufel und Hacke Kalkmörtel in einer Wanne. In einem Unterstand daneben behauen Steinmetze die Quader mit Spitzeisen bzw. Zweispitz.

Im Hintergrund links ist der Steinbruch zu erkennen, in dem die Quader grob zurechtgeschlagen wurden und von wo aus sie mit Ochsenkarren zur Baustelle transportiert werden. Im Vordergrund nähert sich der Baumeister der Baustelle, erkennbar an Winkel und Messlatte.

Die Rezeption dieser Darstellung ist beachtlich: Bereits um 1889 wurden Fotos von ihr angefertigt, die in unterschiedliche Museumssammlungen gelangten. Bücher zur Bautechnik, aber auch zu einzelnen Klöstern druckten das Motiv als Symbolbild ab, Ausstellungen im In- und Ausland nutzen es bis heute immer wieder, um auf die Technik des mittelalterlichen Bauens zu verweisen – wie beispielsweise das Deutsche Burgenmuseum auf der Heldburg.

Diese Popularität und die Einzigartigkeit des Motivs mögen mit ein Grund dafür gewesen sein, dass das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg die Zeichnungen im 19. Jahrhundert für seine Graphische Sammlung erwarb,
dessen Gründer Freiherr von und zu Aufsess bekanntermaßen eine große Vorliebe für die Kulturgeschichte des Mittelalters hegte.

Kurator: Prof. Dr. G. Ulrich Großmann, Generaldirektor a.D.

Katalog: Begleitend zur Ausstellung ist ein Heft mit Abbildungen und Erläuterungen zu allen zehn Blättern zum Preis von 9,50 € (im Buchhandel und bei Versand 12,50 €) erschienen. 

Erstellt | Geändert