Schwarzenbach ist das real existierende Entenhausen

„Schwarzenbach ist das real existierende Entenhausen“

 
Mark Zimmermann

Erstellt | Geändert

Das Erika-Fuchs-Haus für Comic und Sprachkunst in Schwarzenbach an der Saale im Fichtelgebirge ist Dr. Erika Fuchs gewidmet, langjährige Übersetzerin der Entenhausen-Comics um Donald Duck und Co. Über fünf Jahrzehnte lebte die gebürtige Rostockerin in Schwarzenbach, bevor sie 2005 verstarb. Das Museum widmet sich seit 2015 ihrem Werk und Leben, aber auch der Comicgeschichte im Allgemeinen.

Bayern online hat sich vor Ort mit der Museumsleiterin Dr. Joanna Straczowski unterhalten.

Erika Fuchs Haus – Museum für Comic & Sprachkunst

Erika Fuchs Haus – Museum für Comic & Sprachkunst


Erika-Fuchs-Haus

Bahnhofstraße 12,
95126 Schwarzenbach an der Saale

Fuchs machte sich ans Werk – und schuf ein ganz eigenes Kunstwerk

Zu Beginn der 50er Jahre vertraute der bekannte Ehapa-Verlag (Asterix, Lucky Luke) Erika Fuchs die Übersetzung der Geschichten aus Entenhausen („duckburg“) von Carl Banks an. „In einer Zeit“, so Joanna Straczowski, „als Comics nicht selten noch als Schund angesehen wurden. Es war also gar nicht so einfach, diese literarische Form und dieses Medium zu etablieren.“ Doch Fuchs machte sich ans Werk – und schuf ein ganz eigenes Kunstwerk, stark vom Fichtelgebirge und ihrem Wohnort geprägt, alles auf sprachlich höchstem Niveau. „Schwarzenbach ist das real existierende Entenhausen.“ Natur, Institutionen und Persönlichkeiten fanden Eingang in die Entenwelt. „Der Ochsenkopf, die Bäckerei Köppel, das Amtsblatt.“ Und der Literaturkritiker Denis Scheck, der die Übersetzerin einmal besuchen kam, und den Fuchs daraufhin in einer Geschichte als Spielwarenhändler verewigte. Erika Fuchs hat somit nicht nur eine Welt kreiert, sondern vor allem eine „Übersetzungswelt“, die „an Kreativität kaum zu übertreffen“ ist. Die promovierte Kunsthistorikerin war hochgebildet und stets neugierig, ihre Texte sind anspielungsreich – immer wieder überraschen Verweise in die Hochkultur zu Schiller, Goethe oder Shakespeare. Aber auch Populärkultur und Jugendsprache, dem Alltag abgelauscht, kommen bei der zweifachen Mutter niemals zu kurz. Mit ihrer Übersetzungsleistung wurde der Comic endlich auch in Deutschland salonfähig und geachtet. „Sie war durchaus in der Lage, die Sprache im Kontext ihrer Zeit zu sehen und anzupassen“, so Straczowski.

„Bibber, zitter“

Nicht umsonst räumt das Museum in Schwarzenbach auch dieser Sprachkunst einen großen Raum ein. „Unser onomatopoetisches Kabinett würdigt die Lautmalerei. Die Besucher sprechen dabei in ein Mikrofon, der neue Text wird dann über eine Spracherkennungssoftware in den Comic eingefügt, der auf einer großen Leinwand erscheint.“ Eine weitere Station im Museum widmet sich den zahlreichen Zitaten, die Fuchs verwendet hat. Besonders berühmt wurde ihr Stilmittel des Inflektivs, den nicht nur „Donaldisten“ (Vereinigung großer Fans des Werks von Carl Banks und Erika Fuchs) als „Erikativ“ bezeichnen. Die deutsche Grammatik sieht es eigentlich nicht vor, dass Verben gekürzt werden. In der Alltagssprache jedoch kommt das öfter mal vor. Lautmalereien, die Onomatopoesie also, ahmt Geräusche nach, die auch gut in Sprechblasen passen. Beispiele sind: Kawumm! Polter! Zack! oder Klickeradoms!, wenn etwas zu Bruch geht. Diese Lautmalerei stammt aus Wilhelm Buschs „Frommer Helene“ aus dem Jahr 1872.

 

Warum heißt das Comic-Museum in Schwarzenbach Erika-Fuchs-Haus?

Das Comic-Museum in Schwarzenbach in Oberfranken trägt den Namen Erika-Fuchs-Haus zu Ehren der legendären Übersetzerin Erika Fuchs, die in der Stadt geboren wurde und dort auch ihren Lebensabend verbrachte. Fuchs wurde berühmt für ihre Arbeit als Übersetzerin der Disney-Comics ins Deutsche und prägte damit die Kindheit von Millionen von deutschen Lesern.

„Mein Gehirn käst!“

Das Übersetzen fremdsprachiger Werke ist ein schweres Los. Nicht selten ist es so, dass die Autoren und Autorinnen schlecht bezahlt sind. Immerhin geht seit 2005 der „Preis der Leipziger Buchmesse“ auch an Übersetzungswerke. Eine besonders gelungene, eigenständige Übertragung aus dem Entenhausenkosmos ist für Joanna Straczowski eine Geschichte rund um „Halloween“. „Bei Erika Fuchs ist das ein Rosenmontagsumzug, das war für die deutsche Leserschaft damals verständlicher. Tick, Trick und Track eilen auch in diesem neuen Kontext verkleidet von Haus zu Haus und verlangen Süßigkeiten.“ Heute könnte dieser Brauchtum rund um Halloween eigentlich unverändert übernommen werden. Die Zeiten haben sich geändert. Aber noch immer scheint der Entenhausenkosmos rein männlich geprägt zu sein. Jedenfalls sind die Hauptfiguren um Donald, Dagobert, Gustav sowie Tick, Trick und Track durchweg männlich. „Immerhin gibt es noch die Oma und Daisy“, sagt Straczowski. Im letzten Jahr zeigte das Museum in Kooperation mit dem Comic Salon Erlangen eine Sonderausstellung mit dem Titel „Vorbilder*innen“. „Die Geschlechter nähern sich an“, so die Museumsleiterin, heute treten vermehrt auch Heldinnen (z.B. Wonder Woman) in Erscheinung.“ Die Sichtbarkeit weiblicher Charaktere in Comics nimmt zu. Darüber hinaus gibt es immer mehr Zeichnerinnen und Künstlerinnen, die sich z.B. mit Graphic Novels (bildhafter Roman) etabliert haben. „Große, durchaus ernsthafte Geschichten erwarten uns“, sagt Joanna Straczowski und freut sich auch auf das Disney-Jubiläum im Jahr 2023. Das Unternehmen wird dann nämlich 100 Jahre alt (Gründung am 16. Oktober 1923). Das Erika-Fuchs-Haus zeigt dann eine Sammlungspräsentation. Und im Sommer soll es in Schwarzenbach an der Saale verstärkt um afrikanische Comics gehen.

Video: Comic Paneele vor dem Erika-Fuchs-Haus in Schwarzenbach a.d.Saale

Video: Comic Paneele vor dem Erika-Fuchs-Haus in Schwarzenbach a.d.Saale

Die Panels, die von Nils Oskamp illustriert wurden und vor dem Erika Fuchs Haus stehen, sind das Ergebnis eines Comic-Wettbewerbs. Sie beziehen sich auf das Werk von Dr. Erika Fuchs sowie die historische Altstadt von Schwarzenbach an der Saale. Die Schwarzenbacher haben liebevoll ihre Stadt Entenhausen genannt und dieser Spitzname wird in den sechs humorvollen Motiven aufgegriffen. In den gläsernen Sprechblasen sind auch sogenannte Erikative enthalten, welche Wortspielereien sind und nach Erika Fuchs benannt wurden. Die Steelen zeigen Motive, die viele Bezüge zur Stadt und ihrer Geschichte haben und wurden anlässlich des siebten Geburtstags des Museums feierlich enthüllt.

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5Fragen an Museumsleiterin Dr. Joanna Straczowski

1.

Übersetzen ist ein schweres Los. Oft ist es so, dass Übersetzer und Übersetzerinnen in der zweiten Reihe bleiben und vom Erfolg eines Werks gar nicht profitieren. Erika Fuchs ist da fast eine Ausnahme. Können Sie uns noch eine Übersetzerin nennen?

Gudrun Penndorf, die Übersetzerin der ersten Asterix-Bände. Das Bewusstsein, wie wichtig diese Übertragungen für uns sind, ist jetzt erst gewachsen und hat an Bedeutung gewonnen. Es gibt vermehrt Debatten, dass Übersetzungen als eigenständiges Kunstwerk angesehen werden sollten. So geht der Preis der Leipziger Buchmesse seit 2005 auch an Übersetzungen.

2.

Haben Sie ein Beispiel für eine besonders gelungene, eigenständige Übertragung aus dem Entenhausenkosmos?

Halloween ist bei Erika Fuchs ein Rosenmontagsumzug. Das war für die deutsche Leserschaft damals verständlicher. Tick, Trick und Track eilen auch in diesem neuen Kontext verkleidet von Haus zu Haus und verlangen Süßigkeiten.

 

3.

Erklären Sie uns bitte das Geheimnis der Donaldisten?

Es handelt sich hier um eine Art Fangemeinschaft, die sich zu Beginn der 70er Jahre gegründet hat und heute mehr als 1000 Mitglieder zählt. Sie ehren Donald als Ente, halten aber auch das Übersetzungswerk von Erika Fuchs in Ehren. Für sie ist Carl Barks der beste Zeichner der Welt. Jedes Jahr halten sie ihren Kongress ab, der auch wissenschaftlich geprägt ist. Teilnehmende Juristen setzen sich dann zum Beispiel mit der Gesetzeslage in Entenhausen auseinander, ein Geologe untersucht das vulkanische Gestein, andere beschäftigen sich mit den Geschlechterrollen ...

 

4.

Entenhausen scheint ja sehr männlich geprägt zu sein ...

... immerhin gibt es die Oma und Daisy. Allgemein waren Comics immer sehr männlich geprägt, aber unsere Sonderausstellung im letzten Jahr mit dem Titel „Vorbilder*innen“, in Kooperation mit dem Comic Salon Erlangen, widmete sich genau diesem Komplex. Die Geschlechter nähern sich an, es gibt genug Heldinnen (z.B. Wonder Woman) , aber sie müssten noch mehr in den Vordergrund treten. Die Sichtbarkeit weiblicher Charaktere in Comics nimmt zu. Darüber hinaus gibt es immer mehr Zeichnerinnen und Künstlerinnen, die sich z.B. mit Graphic Novels (bildhafter Roman) etabliert haben.  Große, durchaus ernsthafte Geschichten erwarten uns.

5.

Wie lange dauert ein durchschnittlicher Aufenthalt im Erika-Fuchs-Haus?

Zwei Stunden sollten Sie sich schon Zeit nehmen, am besten den ganzen Tag. Mit Kindern können Familien bei uns viel erleben, ohne dass es langweilig wird. Das Museum ist für Jung und Alt gedacht. Auch die Comicgeschichte wird beleuchtet. In unserer Bibliothek finden Besucher zahlreiche Comics. Wer das Unternehmen unterstützen möchte, der wird am besten Milliardär: Mit 3,13 (Autokennzeichen von Donald) Euro im Monat ist er dabei. Mitglieder im Klub der M.I.L.L.I.A.R.D.Ä.R.E. (Mitglieder In Lauterer Lebenserfahrener Interaktiver Angenehmer Runde Donaldische Ästhetik Rigoros Einfordernd) haben ganzjährig freien Eintritt.

 

Dem Milliardär ist nichts zu teuer

Wer das Museum schon jetzt besuchen möchte, sollte ein wenig Zeit mitbringen. „Mindestens zwei Stunden.“ Tages- und Jahreskarten laden dazu ein, das Haus etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Familien mit Kindern können viel erleben, ohne dass es langweilig wird. Das Angebot richtet sich ebenso an ein Fachpublikum, das an deutscher Sprache oder an der Geschichte des Comics interessiert ist. Wer die Einrichtung unterstützen möchte, der wird am besten Milliardär. Sie haben richtig gelesen. Mit 3,13 (Autokennzeichen von Donald) Euro im Monat ist man dabei. Mitglieder in diesem Klub der M.I.L.L.I.A.R.D.Ä.R.E. (Mitglieder In Lauterer Lebenserfahrener Interaktiver Angenehmer Runde Donaldische Ästhetik Rigoros Einfordernd) haben ganzjährig freien Eintritt.

Was sind Donaldisten?

Die Donaldisten sind eine Gruppe von Menschen, die sich für die Kunst und das Leben des amerikanischen Cartoonisten Carl Barks und seiner Schöpfung, der Ente Donald Duck, begeistern. Der Begriff "Donaldisten" leitet sich von dem Namen "Donald" ab und wurde erstmals in den 1970er Jahren von einer Gruppe von Comic-Enthusiasten in Europa verwendet.

Die Donaldisten sind in der Regel Menschen jeden Alters und Hintergrunds, die sich für die Welt von Donald Duck begeistern und sie als eine Art kulturelles Erbe betrachten. Einige von ihnen sehen in Donald Duck eine Symbolfigur für gesellschaftliche und politische Themen, während andere einfach nur die Geschichten und Zeichnungen von Carl Barks und anderen Künstlern genießen.

Die Bewegung der Donaldisten hat im Laufe der Jahre viele Anhänger gefunden und es gibt sogar offizielle Organisationen wie die "Donaldisten-Gesellschaft", die regelmäßig Veranstaltungen und Treffen für Fans und Interessierte organisiert. Auf diesen Treffen tauschen sich die Mitglieder über ihre Liebe zur Kunst von Carl Barks und Donald Duck aus, diskutieren ihre Lieblingsgeschichten und Figuren und feiern gemeinsam ihre Begeisterung

Video: Der Donaldist im Erika-Fuchs-Haus

Video: Der Donaldist im Erika-Fuchs-Haus

Das Erika-Fuchs-Haus in Schwarzenbach an der Saale ist ein einzigartiger Ort für Comic-Fans und insbesondere für Fans von Donald Duck und Co. Das Museum ist der berühmten deutschen Übersetzerin Erika Fuchs gewidmet, die von 1951 bis 1988 die Geschichten um Donald Duck, Micky Maus und andere Disney-Charaktere ins Deutsche übersetzte und dabei ihren eigenen Stil entwickelte.

Der DONALDIST, der auf Youtube einen Kanal betreibt, hat das Museum besucht und berichtet hier über seine Eindrücke.

Hier entlang geht's zum Video.

Highlights

Museumsleiterin Dr. Joanna Straczkowski
Museumsleiterin Dr. Joanna Straczkowski
  1. Sonderausstellungen

    Die Sonderausstellungen, darunter „Die Känguru Comics“ nach Marc-Uwe Kling. Ab dem 18. November 2022 zeigt das Erika-Fuchs-Museum „Die Besten Deutschen Comics“, darunter die Gewinner des Max-und-Moritz-Preises.

     

  2. Großes Disney-Jubiläum

    Im Jahr 2023 findet das große Disney-Jubiläum statt. Das Unternehmen wird 100 Jahre alt (Gründung am 16. Oktober 1923). Geplant ist eine Sammlungspräsentation in Schwarzenbach an der Saale. Im Sommer soll es im Erika-Fuchs-Museum verstärkt um afrikanische Comics gehen.

     

  3. Unterschiedliche, spannende und unterhaltsame Kabinette

    Willkommen in der Welt von Entenhausen! Nehmen Sie sich viel Zeit für die Comicgeschichte, die Bibliothek, das „onomatopoetische Kabinett“ oder das Zitatependel.

Podcast mit Frau Dr. Joanna Straczowski, der Leiterin des Comicmuseums Erika Fuchs Haus

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Das Video zum Podcast mit der Museumsleiterin Dr. Joanna Straczowski

Das Video zum Podcast mit der Museumsleiterin Dr. Joanna Straczowski

Im Podcast geht es um die Geschichte des Museums, seine Sammlungen und Ausstellungen sowie die Arbeit der Kuratoren und Mitarbeiter.
Frau Dr. Straczowski teilt ihre Vision für die Zukunft des Museums und betont die Bedeutung von Bildung und Kultur für die Gesellschaft. Das Video bietet einen informativen Einblick in die Welt des ersten Comic-Museums in Deutschland - einem lohnenswerten Ziel für Groß und Klein.

Der Weg zum Erika-Fuchs-Haus für Comic und Sprachkunst in Schwarzenbach an der Saale

Haben Sie Fragen an das Team vom Erika-Fuchs-Haus für Comic und Sprachkunst?

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Mark Zimmermann

Erstellt | Geändert

Mark Zimmermann ist Gründer von Bayern-online.de und schreibt das Blog Quergereist.de

Interview: Mark Zimmermann
Text: René Becher, A.Bauch
Redaktion: Annegret Bauch