Burg Hohenberneck

Alexander von Humboldt im Fichtelgebirge

Katja Winkler

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Alexander von Humboldt im Fichtelgebirge

Unauslöschlich ist der Name Alexander von Humboldts in das Ehrenbuch großer Menschen und Gelehrter eingeschrieben. Sein ganzes Leben stellte er uneigennützig in den Dienst von Wissenschaft und Forschung, wofür er sogar sein Vermögen aufopferte. Viele seiner Erkenntnisse bilden die Grundlage für die Entwicklung der modernen Naturwissenschaften und begleiten uns noch heute.

Aus seinen zahlreichen Werken ragt vor allem der "Kosmos" heraus, die Krönung seines langen und ungewöhnlichen Lebens. Er selbst bezeichnete diese Schrift als den „Entwurf einer physischen Weltbeschreibung“, womit der vorläufige Charakter seiner Arbeit, auf dem er im Text auch öfter hinweist, zum Ausdruck kommt. Dennoch ist so manches von dem, was da geschrieben steht, auch heute noch aktuell.

Die Drucklegung des 5. und letzten Bandes (1862) durfte er nicht mehr miterleben. Wohl aber genoß er die Wertschätzung der Welt und der anderen Gelehrten, die ihm sogar ihre Bücher zueigneten. So wie Vollrath Hoffmann, der sein 1833 erschienenes „Hand- und Lesebuch“ mit dem Titel „Die Erde und ihre Bewohner“ ausdrücklich „Dem Herrn Alexander von Humboldt aus wahrer Hochachtung und inniger Dankbarkeit“ widmete.

Ansbach und Bayreuth werden preußisch

Natürlich hatte Humboldt erst einen weiten Weg zurückzulegen, bevor er zum vielbeachteten und weltweit geschätzten Gelehrten werden konnte. Eine Station, und nicht die unwichtigste, war seine Zeit als preußischer Oberbergmeister und  später als preußischer Oberbergrat im ehemaligen Fürstentum Bayreuth. Dieses war 1792 nach der Abdankung des letzten hohenzollerischen Markgrafen an die Vettern in Berlin übergegangen, die nun in den traditionsreichen Bergbauregionen Fichtelgebirge und Frankenwald die Erzförderung und -verhüttung nach Jahren des Vor-Sich-Hindämmerns wiederbeleben wollten.

Hoffmann schreibt in seinem oben erwähnten Buch: „Das Fichtelgebirge, von den vielen Fichtenwaldungen so genannt, fast in Deutschlands und Europas Mitte, erstreckt sich von Bayreuth bis Asch, in Richtung von Südwest nach Nordost, etwas über 7 Meilen, und von Neustadt bis Hof, in Richtung von Süden nach Norden, fast 7 Meilen. Im Nordwesten hängt es mit dem Frankenwalde, im Nordosten mit dem Erzgebirge und im Südosten mit dem Böhmerwalde, so wie im Südwesten mit dem fränkischen Landrücken zusammen...“

Das also war der „kleine Kosmos“, in dem in den Jahren 1792-96 Alexander von Humboldt zum Wohle der Region lebte und wirkte. Hier half er, wenigstens für einige Jahre, dem darniederliegenden Bergbau wieder auf, hier erfand er eine neue Grubenlampe und ein Respirationsgerät für verunglückte Bergleute, hier trat er für die Hebung des Bildungsniveaus und humane Arbeitszeiten der Bergleute ein, von hier aus schließlich rüstete er sich zu seiner großen Forschungsreise nach Südamerika.

Glückliche Zeiten

Glücklich und erfolgreich ist er im Fichtelgebirge gewesen. Dies belegen seine eigenen Zeugnisse. Die Erinnerung an die Jugendjahre sind dem Autor des „Kosmos“ auch im reifen Alter noch gegenwärtig. Seine Beschreibung der Entstehungs- und Erscheinungsformen des Grünsteins, eines häufig in unserer Region anzutreffenden und in alter Zeit zur Glasbereitung verwendeten Minerals, verbindet er mit einem Hinweis darauf: „Eine wichtige Rolle spielen diese eingelagerten Diorite bei Steben in dem Nailer Bergrevier, in einer Gegend, an welche, so lange ich dort im vorigen Jahrhundert beschäftigt war, die frohesten Erinnerungen meines Jugendalters geknüpft sind“.

Der Anblick von granitenen Kugeln in den Katarakten des Orinoko erinnert ihn an gleiche Erscheinungsformen in der Gegend um Arzberg im Fichtelgebirge. Und schon 1794 schreibt er an seinen Freund Carl Freisleben: „Im allgemeinen geht es aber mit dem Bergbau ... jetzt schnell vorwärts. In Goldkronach bin ich glücklicher, als ich je wagen durfte zu glauben“.

So bescheiden freut er sich über die Erfolge beim Goldbergbau, die die Wiedergewältigung (Wiederinbetriebnahme) der alten Fürstenzeche und weiterer Goldgruben brachten. War es in Goldkronach das Gold, so war es in Arzberg und Bad Steben das Eisen, an anderen Orten das Zinn oder Kupfer, das der Bevölkerung nach langer Zeit des Darbens wieder zu Arbeit und Brot, den königlich-preußischen Kassen zu höheren Einnahmen verhalf.

Lebensstationen

Recht jung war unser Alexander, als er 1792 erstmals fränkischen Boden betrat. Knapp 23 Jahre zählte er und hatte doch schon ein bewegtes Leben hinter sich.

In Berlin in eine angesehene Adelsfamilie eingeboren, bestimmte ihn die Mutter nach den frühen Tod des Vaters für den Staatsdienst. Dies entsprach nicht nur ihrem Standesbewußtsein, sondern auch der Tatsache, daß die Beziehungen zum Hofe sehr eng waren. Der Kronprinz und spätere König Friedrich Wilhelm II. zählte zu den Taufpaten des Jungen.

Diesem aber waren die verstaubten Amtsstuben ein Greuel, er wollte „lieber Apotheker als Kammerherr“ werden. Zwar absolvierte er der Mutter zuliebe seine juristischen und kameralistischen Studien in Frankfurt/Oder und Göttingen, doch nur mit halbem Herzen. Bleibende Eindrücke hinterließ offenbar der Besuch der Hamburger Handelsschule von Prof. Büsch, der sich später in seinem wirtschaftlich effizienten Denken, in seinen Wirtschaftlichkeitsberechnungen für den Bergbau, das Verhüttungswesen oder auch den Betrieb einer Porzellanmanufaktur niederschlug.

Technologie, Botanik, überhaupt alle Naturwissenschaften begeisterten ihn dagegen sehr. Bekanntschaften mit den Autoritäten der damaligen Zeit auf diesen Gebieten bestärkten ihn in seinem Bestreben, wenn schon der Staatsdienst nicht zu umgehen sei, ihn dann aber doch in einer Tätigkeit auszuüben, die seinen Neigungen entgegen kam.

Dafür schien der praktische Bergbau geeignet und so entschloß er sich zum Besuch der erst kurz zuvor gegründeten Bergakademie in Freiberg. Deren Gründer und preußische Minister für Bergbau, Friedrich Anton von Heinitz, wird bald auf ihn aufmerksam und fördert den begabten Studenten nach Kräften, der schon nach 8 Monaten sein Examen mit Auszeichnung besteht.

Die ersten Berufsjahre

Der junge Bergassessor erhält sofort eine Anstellung beim königlichen Berg- und Hüttendepartement, „mit Stimmrecht“, ein Zeichen, wie hoch seine Einschätzung durch die Verantwortlichen war. Und bald wartet eine aufregende Sonderaufgabe auf ihn: er soll die Reise seines Ministers in die soeben neu erworbenen Fürstentümer Ansbach und Bayreuth vorbereiten.

Dort regiert im Auftrag des Königs der reformfreudige „dirigierende Minister“ Karl August von Hardenberg, der dem Bergbau und dem Hüttenwesen wieder aufhelfen will. Außerdem braucht er einen Sachverständigen zur Beurteilung der Porzellanmanufaktur Bruckberg, der Salinenbetriebe in Gerabronn und verschiedener Vitriol- und Alaunwerke. Humboldt macht sich an die Arbeit.

In nur gut 3 Wochen befährt er sämtliche ihm zugänglichen Gruben, besucht Verhüttungs-, Salzgewinnungs- und Vitriolwerke und untersucht auch noch die Wirtschaftlichkeit der Porzellanmanufaktur in Bruckberg. Seine Erkenntnisse legt er in einem 600-seitigen „Bericht über den Zustand des Bergbaus und Hütten-Wesens in den Fürstentümern Bayreuth und Ansbach“ nieder. Eine schier unglaubliche Leistung in so kurzer Zeit.

Daß er hiermit Ehre einlegt, versteht sich von selbst. Minister von Hardenberg wünscht sich ihn als Mitarbeiter am königlichen Ober-Berg-Departement in Bayreuth, wo er - nach Erfüllung verschiedener anderer Missionen - auch tatsächlich am 1. Juni 1793 seinen Dienst als Oberbergmeister antritt.

Nun beginnt eine rastlose Zeit. Am liebsten möchte er überall zugleich sein, um das groß angelegte Unternehmen der Beförderung des Bergbaus rasch voranzutreiben. „Ich wohne auf dem hohen Gebirge in Steben und Arzberg, zwei Dörfern im Fichtelgebirge. Die hiesigen Lagerstätten sind unendlich interessant...“ schreibt er einmal.

Doch eine feste Wohnung etwa in Bayreuth, dem Sitz des Ober-Berg-Departements, oder im Bereich der ihm unterstellten Bergämter Goldkronach, Naila und Wunsiedel hat er nicht. Zu oft ist er unterwegs, um vor Ort den Gang der Geschäfte zu überwachen. „Ich war vom 17. bis 26. Februar im Goldkronacher Revier, vom 26. Februar bis 13. März in Kausldorfer (und in Jena), vom 15. bis 26. März im Nailaer, und vom 26. bis 31. im Wunsiedler Revier. Heißt das nicht sich tummeln?...“

Seine Leistungen sind um so bewunderungswürdiger, wenn man bedenkt, daß das gängige Fortbewegungsmittel dieser Zeit das Pferd war. Unterstützung bei den Bergleuten und auch ihren Familien hat er, doch beklagt er sich über die Amtsführung seiner Kollegen: „Das Vertrauen der Menschen habe ich. Man glaubt, daß ich 8 Beine und 4 Hände habe, und das ist bei meiner Lage unter so faulen Offizianten schon sehr gut“.

Naturforscher, Erfinder, Bildungspolitiker

Bei aller Betriebsamkeit findet er doch noch Zeit sich mit Fragen der Naturwissenschaft und Technik zu befassen. So untersucht er Aspekte der Klimaveränderungen, die durch die Schiefe der Ekliptik bedingt sind, befaßt sich mit Pflanzengeographie, stellt galvanische Versuche an den Muskeln toter Tiere an und führt Temperaturmessungen in den Gruben durch. Auf diese Weise wurde er zum Begründer der Geothermie als selbständigem Zweig der Geowissenschaften.

Sozusagen nebenher erfindet er noch neue Grubenlampen, die in der Sauerstoff armen Atmosphäre der hiesigen Gruben besseres Licht geben, entwickelt den hohlen Docht (heute nennen wir ihn Glühstumpf), einen Lichterhalter für schlechte Wetterverhältnisse und einen Luftsack mit Gesichtsmaske als Atmungsgerät zur Rettung bewußtloser Bergleute.

Er bleibt nicht bei der Theorie. Ein Selbstversuch mit einer seiner neuen Lampen in einem heute längst zugeschütteten Alaunbergwerk in Bad Berneck kostete ihn fast das Leben. Giftige Gase ließen ihn bewußtlos werden, und hätten ihn seine Begleiter nicht an den Beinen wieder ans Tageslicht gezogen, wäre die Sache wohl schlimm ausgegangen.

Alle seine Leistungen und Entdeckungen dieser Zeit in diesen wenigen Zeilen auszubreiten, ist nicht möglich. Nur einige kurze Hinweise seien noch erlaubt. Auf einem geologischen Spaziergang über den Haidberg bei Zell entdeckte Humboldt die magnetischen Eigenschaften des dort vorkommenden Serpentingesteins, die Kompaßnadel ließ sich vom Norden ablenken.

Organisatorische Veränderungen in der Verwaltungshierarchie brachten mehr Effizienz und mit der Einrichtung von Bergschulen in Bad Steben und Arzberg für die „Bergjungen“ - auf eigene Kosten! - trug er erheblich zur Hebung des allgemeinen Bildungsstandes bei. „Wenn der Unterricht des gemeinen Bergvolks, das kaum Eisenglanz, Bleiglanz und Fahlerz oder Schwefelkies und gediegen Gold zu unterscheiden weiß, nicht einmal die Rudimente einer eigentlich bergmännischen Sprache hat... wenn, sag' ich, der Unterricht des Bergvolks irgendwo ein dringendes Bedürfnis ist, so scheint es hier zu sein. Aber eben, weil alles in der Kultur zurück ist, so sind es auch die Menschen...“.

In der weiten Welt

Bei allen Erfolgen, die er hier feiern konnte und die ihm auch in kurzer Zeit die Ernennung zum Oberbergrat einbrachten, zog es ihn doch hinaus in die weite Welt, wo er ungestört seinen Studien frönen konnte. Im November 1796 verstarb seine Mutter und hinterließ ihm ein beträchtliches Vermögen. Er kündigte sein Dienstverhältnis und bereitete die große Reise vor, die ihn von 1797 bis 1804 durch fast ganz Süd- und Mittelamerika führte. Bevor er 1827 wieder nach Berlin zurückkehrte, lebte er in Paris, wo sein 30-bändiges Werk über die Ergebnisse der Amerikafahrt erschien.

Lehrtätigkeit in Berlin, Veröffentlichungen wissenschaftlicher Bücher, Reisen in den Ural und das Altaigebirge beschäftigten ihn bis er seine fast 90-jährige Lebensbahn am 6. Mai 1859 beschloß. Noch heute gilt, was Goethe, der ihn seit seinem 8. Lebensjahr kannte, einmal gegenüber Eckermann gesagt hat (1826): „Was ist das für ein Mann... Man kann sagen, er hat an Kenntnissen und lebendigem Wissen nicht seinesgleichen; und eine Vielseitigkeit, wie sie mir gleichfalls noch nicht vorgekommen ist!... Er gleicht einem Brunnen, mit vielen Röhren, wo man überall nur Gefäße unterzuhalten braucht und wo es uns immer erquicklich und unerschöpflich entgegenströmt“.

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Katja Winkler

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Katja Winkler lebt nahe der A9 zwischen Frankenwald und Fichtelgebirge und ist daher prädestiniert, beide Gebiete zu betreuen.