Authentische Schätze der Vergangenheit: Das Naturkundemuseum Bamberg setzt auf originale Objekte
Dr. Oliver Wings ist ein junger Museumsleiter im Naturkundemuseum Bamberg – seine betreuten Exponate hingegen sind sehr alt. Viele Millionen Jahre alt. Im exklusiven Interview mit Bayern online spricht der Geowissenschaftler und Paläontologe über vergessene Welten, mumifizierte Vögel und gefälschte Fossilien.
Am 1. August 2022 hat Dr. Oliver Wings die wissenschaftliche Leitung des Naturkundemuseums Bamberg übernommen.
Nun sitzt er in "seinem" Museum in der Ausstellung in der Bamberger Fleischgasse und gibt Auskunft über die Geschichte des Museums und einen Ausblick darüber, was in Zukunft noch alles geschehen soll. "Der Fokus des Naturkundemuseums sollte immer auf den originalen Objekten liegen", sagt Dr. Oliver Wings. Und wie zur Bestätigung seiner Aussage hängt hinter ihm "Mobbl" an der Wand, ihres Zeichens die größte Jura-Schildkröte der Welt. Entdeckt und ausgegraben wurde sie in Wattendorf auf der Fränkischen Alb, dort sind die Paläontologen und Experten des Museums öfter zu Gast. Davon zeugt auch eine eigene Fossilienausstellung im Haus, die ausschließlich Ausgrabungsstücke aus dieser Region versammelt. Die Grabungsaktionen finden seit dem Jahr 2000 in einem Steinbruch statt. Die dort zu findenden Plattenkalke sind stolze 154 Millionen Jahr alt. So stammt zum Beispiel der Urvogel Archaeopteryx aus solchen Ablagerungen.
Bereits seit über 200 Jahren wird in Franken nach Fossilien gegraben. Einige der allerersten Dinosaurier (über 200 Mio. Jahre alt) kommen aus dem Frankenland oder wurden hier entdeckt.
Naturkundemuseum Bamberg - ein spannender Ort - für die ganze Familie
Faszinierend für Alt und Jung:
das Naturkundemuseum direkt in der Bamberger Altstadt
Atemberaubender Vogelsaal
Das Bamberger Naturkundemuseum zeigt in historischen Räumen Exponate zur Naturgeschichte. Besonders beeindruckend ist der Vogelsaal, der wie eine antike Bibliothek anmutet, einzig mit dem Unterschied, dass an diesem Ort Vögel ausgestellt sind. Und das schon seit 1810.
Oliver Wings präzisiert: "Die Ursprünge liegen im Naturalienkabinett des Fürstbischofs Franz Ludwig von Erthal. Dieses wurde 1791 gegründet und sollte der Ausbildung von Studenten dienen. Mittlerweile aber gibt es an der Uni Bamberg keine Naturwissenschaften mehr.“
In seiner heutigen Form als musealer Schauraum eingerichtet wurde der Saal zwischen 1820 und 1830. „Wir sehen dort frühklassizistische, stark verzierte Vitrinen, teilweise mit Putten und Büsten als Spitze. Die Scheiben sind aus handgemachtem Glas. In den Vitrinen befinden sich Objekte, die über 2 Jahrhunderte zurückgehen. Darunter Stücke aus dem Reich der Natur: Gesteine, Fossilien sowie heutige Vögel." Insgesamt sind sagenhafte 1250 Vögel ausgestellt, entweder traditionell konserviert, also ausgestopft, oder als Dermoplastiken konstruiert. "Die ältesten Exponate haben aufgemalte Augen."
Franz Ludwig von Erthal hat die Räume sowie die Erstausstattung zur Verfügung gestellt. Im frühen 19. Jahrhundert nach der Säkularisation gab es einen ehemaligen Priester namens Lindner aus dem Kloster Banz, der den Betrieb wissenschaftlich übernommen und eine große Sammlung mitgebracht hat - unter der Voraussetzung, dass er sein Leben vor Ort zubringen kann und angestellt bleibt. "Er hat sich seinen eigenen Traumjob geschaffen", sagt Wings. Doch damit nicht genug. Lindner erweiterte die Sammlung kontinuierlich. Alte Mineraliensammlungen, Muscheln und Schnecken kamen hinzu. Die Lindner'sche Stiftung ist in die Lyzeumstiftung übergegangen. Sie existiert noch heute. Auch die Universität Bamberg profitiert davon. Darüber hinaus ist das Museum Teil der Staatlichen Naturwissenschaftlichen Sammlungen Bayern. "So sind wir unabhängiger", erklärt Wings.
Einzigartige Schönheit: Der weltweit schönste historische Naturkundesaal
Der großartige historische Vogelsaal beeindruckt durch seine Größe von rund 200 qm und einer Höhe von 8 m. Er ist ein wertvolles Denkmal mit über 200 Jahren Geschichte. Tauchen Sie ein in diese einzigartige "Museum im Museum"-Welt mit reich verzierten Vitrinen, allegorischen Schnitzereien und einer beeindruckenden Vitrinenreihe. Der Raum vereint den frühklassizistischen Stil mit barocken Elementen.
Der Vogelsaal im Naturkundemuseum Bamberg ist ein Ort der Faszination und des Staunens. Mit seiner umfangreichen Sammlung von Vogelarten aus der ganzen Welt bietet er Besuchern die Möglichkeit, in die vielfältige Welt der gefiederten Wesen einzutauchen. Von majestätischen Greifvögeln bis hin zu einheimischen Singvögeln gibt es hier viel zu entdecken. Die Sammlung spielt eine wichtige Rolle in der Forschung und Bildung und dient als inspirierender Ort für Naturliebhaber und Vogelbegeisterte.
Besuchen Sie den Vogelsaal des Naturkundemuseums Bamberg und erleben Sie die Schönheit und Vielfalt der Vogelwelt hautnah.
Faszinierende Vogelvielfalt: Ein Streifzug durch den Vogelsaal des Naturkundemuseums Bamberg
Jurassic Park in Bamberg?
Im Vogelsaal befindet sich eine große historische Sammlung europäischer und exotischer Vögel, die von Forschungsreisen rund um die Welt stammen. Damals weithin völlig unbekannte Gegenden mit Tieren, wie Sträuße aus Afrika, die sich in Deutschland damals kaum jemand vorstellen konnte. "An diesem Ort können wir nun sehr anschaulich die Geschichte der Präparationen nachverfolgen. Die ganz alten Exponate sehen eher mumifiziert aus. Bei den neueren, darunter Echsen und Fische, wurden andere Techniken angewandt." Ganz aktuell arbeitet die Branche mit Kunststoffen. Im Naturkundemuseum existieren Fossilien, die noch mit Weichteilen ausgestattet sind. Jurassic Park allerdings (also mit Gentechnik wieder zum Leben erweckte Dinosaurier) könne mit Hilfe dieser Fossilien nicht nachgespielt werden, sagt Wings schmunzelnd, denn die DNA besteht ja aus organischen Molekülen, die von radioaktiver Strahlung (darunter auch Sonnenlicht oder dem Hintergrundleuchten des Gesteins) zerschlagen werden. "Spätestens nach 100.000 Jahren ist also Schluss." Aber wer weiß, was die Forschung in Zukunft noch für Überraschungen bereithält ...
Mobbl - die größte Jura-Schildkröte der Welt
Dies beeindruckende Fossil wurde im Naturkundemuseum in Bamberg ausgestellt und zieht Besucher aus aller Welt an. Mobbl stammt aus der Jurazeit, einer geologischen Epoche, die vor etwa 200 Millionen Jahren begann und vor etwa 145 Millionen Jahren endete.
Sie wurde in einem Steinbruch in Wattendorf auf der Fränkischen Alb entdeckt und von Paläntologen fachgerecht aufbereitet. Nun kann diese absolute Rarität in einer großen Vitrine im Nakurkundemuseum Bamberg bestaunt werden.
Video vom Naturkunde-Museum Bamberg: Mobbl - die größte Jura-Schildkröte weltweit
Entdecken Sie im Naturkunde-Museum Bamberg das faszinierende Geheimnis von Mobbl, der größten Jura-Schildkröte weltweit. Tauchen Sie ein in die Vergangenheit und bestaunen Sie das beeindruckende Skelett dieses beeindruckenden Reptils. Erfahren Sie mehr über Mobbls einzigartige Merkmale und die geheimnisvolle Welt, in der sie einst lebte. Eine fesselnde Ausstellung, die sowohl Naturkunde-Enthusiasten als auch Neulinge begeistern wird. Erleben Sie die Faszination der urzeitlichen Meeresbewohner und lassen Sie sich von Mobbl in eine vergangene Ära entführen. Ein Muss für jeden Naturliebhaber!
F wie Fossilienfälschung
Es gibt so viele Geschichten rund um dieses Museum zu erzählen. Eine davon spielte sich in Würzburg ab, sie ist – zumindest in der Paläontologie – hinlänglich bekannt. Diese "spektakuläre, skurrile" Geschichte, so Wings, fand um 1725 statt, als sich der Arzt Prof. Johann Beringer mit dem Thema „Sintflut und Fossilien“ beschäftigte. Ein paar Studenten, vielleicht angespornt von Beringers Berufskollegen, überbrachten ihm künstlich hergestellte Steine aus Kalkstein mit sonderbaren Motiven wie Spinnennetze, Kometen oder hebräische Schriftzeichen. "Beringer fiel tatsächlich darauf herein und hat sogar ein dickes Buch über diese Funde veröffentlicht." Erst Jahre später hat er auf einem dieser Steine seinen Namen auf Griechisch entdeckt und daraufhin versucht, sein Buch wieder aus dem Handel zu bekommen. Alles zwecklos, denn in der Zwischenzeit war auch sein Buch gefälscht und vervielfältigt worden. "Eine originale Ausgabe aber ist im Naturkundemuseum zu finden."
Video: Naturkunde-Museum Bamberg - Vom Steinbruch ins Museum
Erleben Sie die faszinierende Reise von prähistorischen Fossilien "Vom Steinbruch ins Museum" im Naturkunde-Museum Bamberg! Tauchen Sie ein in die Welt der Paläontologie und erfahren Sie, wie spektakuläre Funde aus der Region Bamberg ausgegraben, restauriert und schließlich im Museum präsentiert werden. Erleben Sie hautnah, wie das Wissen vergangener Zeiten Stück für Stück enthüllt wird und neue Erkenntnisse über die Geschichte unseres Planeten ans Licht kommen. Von der Entdeckung im Steinbruch bis zur fachgerechten Präsentation im Museum - begleiten Sie uns auf dieser spannenden Reise in die Vergangenheit!
Besuchen Sie das Naturkunde-Museum Bamberg und erleben Sie die faszinierende Welt der Fossilien aus nächster Nähe.
Beginn einer neuen Zeitreise – diesmal vorwärtsgewandt
Das Bamberger Naturkundemuseum, das sich naturgemäß mit der Vergangenheit beschäftigt, möchte in Zukunft noch moderner werden. Die Pläne liegen längst bereit. "Wir wollen am Puls der Zeit bleiben. Das moderne Museum ist nun einmal digital." QR-Codes und Social Media sind nur der Beginn einer Zeitreise – diesmal vorwärtsgewandt. Alle Informationen im Museum sollen Besucher bald schon auch auf Englisch erfahren können, die Barrierefreiheit ist ein nächstes wichtiges Ziel. Nicht zuletzt soll dann der ganze Bau saniert und umgebaut werden. "Das wird wohl noch ein paar Jahre dauern. Wir werden aber jetzt schon Teile der Dauerausstellung und den Eingangsbereich umgestalten. Für das Foyer ist eine Fossilienwand und ein Dinosaurierskelett sowie das Thema 'Jurazeit in Franken' geplant." Dorthin wird dann auch "Mobbl" umziehen.
Wildtiere ganz nah
Highlights
Vogelsaal
Der opulente Vogelsaal von 1810 in der oberen Etage. Dort sind europäische und exotische Vögel zu bestaunen – insgesamt stolze 1250 Stück. Das einstige Naturalienkabinett für Studenten ist heute ein musealer Schausaal und das Herzstück des Museums.
Galerie des Vogelsaals
Auf der Galerie des Vogelsaals warten wirbellose Tiere, Amphibien, Reptilien, Fische sowie exotische Singvögel, Säugetiere und zahlreiche Exponate aus der Botanik auf die Besucher. Darunter "Mobbl", die größte Jura-Schildkröte der Welt.
Würzburger Lügensteine
Die Würzburger Lügensteine sind vielleicht sogar noch spannender als die Lügen des Baron Münchhausen – zumindest irgendwie authentischer. Viele Dutzend dieser künstlich hergestellten Fossilien mit ganz sonderbaren Motiven sind in der Ausstellung zu sehen. Auch das vom hereingelegten Professor Beringer herausgegebene "Fachbuch" über die Lügensteine.
Im Bamberger Naturkundemuseum umgeschaut
5Fragen an den Leiter des Naturkundemuseums Bamberg
Was hat es mit den Würzburger Lügensteinen auf sich?
Das ist eine spektakuläre, skurrile Geschichte, die in der Paläontologie hinlänglich bekannt ist. Um 1725 gab es in Würzburg den Arzt Prof. Johann Beringer, der sich in der Freizeit mit Sintflut und Fossilien beschäftigt hat. Vielleicht wurden ein paar Jugendliche von seinen Berufskollegen angestachelt, ihm künstlich hergestellte Objekte unterzujubeln, mit sonderbaren Motiven: Frösche, Spinnennetze, Kometen ... alles aus Muschelkalk geschnitzt. Gefälschte Fossilien also, von denen mehrere dutzend Stück in unserer Sammlung aufbewahrt sind. Der Professor hat sich tatsächlich blenden lassen und sogar ein "Fachbuch" darüber verfasst. Erst Jahre später hat er auf Griechisch seinen eigenen Namen auf einem der Steine entdeckt. Da war ihm klar: Das kann doch alles nicht wahr sein! Er war so beschämt, dass er versucht hat, sein Buch wieder zurückzukaufen. Doch auch von seinem Buch waren in der Zwischenzeit zahlreiche Fälschungen im Umlauf. Eine originale Ausgabe liegt bei uns im Museum.
Wie verlief die Stiftungsgeschichte des Naturkundemuseums?
Der damalige Fürstbischof Franz Ludwig von Erthal hat die Räume sowie die Erstausstattung zur Verfügung gestellt. Im frühen 19. Jahrhundert nach der Säkularisation gab es einen ehemaligen Priester namens Lindner aus dem Kloster Banz in Bad Staffelstein, der den Betrieb wissenschaftlich übernommen und eine große Sammlung mitgebracht hat - unter der Voraussetzung, dass er sein Leben vor Ort zubringen kann, also angestellt bleibt. Er hat sich seinen eigenen Traumjob geschaffen. Alte Mineraliensammlungen, Muscheln und Schnecken hat er zugekauft. Seine Lindner'sche Stiftung ist in die Lyzeumstiftung übergegangen. Sie existiert noch heute. Darüber hinaus finanzieren die Staatlichen Naturwissenschaftlichen Sammlungen Bayern das Naturkundemuseum.
Was können Sie uns über die Fossilienausstellung aus Wattendorf erzählen?
Ein weiteres Highlight. Bereits seit über 200 Jahren werden in Franken Fossilien gesammelt, unsere Ausgrabungen in Wattendorf finden seit dem Jahr 2000 in einem Steinbruch statt. Die dort zu findenden Plattenkalke sind stolze 154 Millionen Jahr alt und enthalten eine Vielzahl von fantastisch erhaltenen Fossilien, vom Quastenflosser bis zum Flugsaurier! Der Urvogel Archaeopteryx stammt aus ähnlichen, aber etwas jüngeren Ablagerungen. Einige der allerersten Dinosaurier (über 200 Mio. Jahre alt) stammen auch aus Franken.
Welche weiteren Fundstücke sollten Besucher des Naturkundemusems auf alle Fälle gesehen haben?
Das Bamberger Naturkundemuseum zeigt viele tausend Exponate aus den Bereichen Paläontologie, Geologie, Zoologie, Mineralogie und Botanik. Neben ausführlichen Mineraliensammlungen sind zum Beispiel noch regionale Insekten, seltene Obstsorten als Wachsmodelle sowie eine von weltweit nur 23 erhaltenen vollständigen Dermoplastiken des afrikanischen Quagga sehenswert.
Woher hat der Vogelsaal seinen Namen?
Die Ursprünge des Vogelsaals liegen im Naturalienkabinett, das 1791 vom Fürstbischof Franz Ludwig von Erthal gegründet wurde. Zunächst als Schausaal für Studenten gedacht, wurde es bis 1830 zu einem musealen Vogelsaal umgebaut. Dort sind heute 1250 Vögel aus aller Welt ausgestellt.