Tiny-House-Village Mehlmeisel

Tiny-House-Village in Mehlmeisel - Wohnen auf wenigen Quadratmetern

 
Mark Zimmermann

Erstellt | Geändert

„Eigentlich sind wir richtige Stadtkinder“, sagen die Münchner Jungunternehmer Stefanie Beck und Philipp Sanders, aber den Schritt hin zur Verkleinerung, nicht nur geographisch betrachtet, bereuen sie keineswegs.

Tiny-House-Village in Mehlmeisel - der Trend aus den USA jetzt auch im Fichtelgebirge

Tiny-House-Village Mehlmeisel
Tiny-House-Village Mehlmeisel

 

Tiny-House-Village Mehlmeisel
Community
Hotel
Wohnen auf Probe

 

Platz ist in der kleinsten Hütte

„Es war Liebe auf den ersten Blick“, sagt Stefanie. Erst 2017 sind die Beiden ins Fichtelgebirge gezogen, um dort ihren Traum eines Dorfes aus Tiny-Häusern zu verwirklichen. Philipp erzählt, dass sie ein Jahr in Kanada gelebt und dort den Trend der kleinen Häuser hautnah miterlebt hätten. „Für uns stand schnell fest: Zum Leben braucht man gar nicht viel Platz.“ Zurück in Deutschland hätten sie sich bei Philipps Onkel in der Scheune selbst eines dieser Mikrohäuser gefertigt. Erst später sei das Paar auf die Idee gekommen, es auch tatsächlich zu nutzen: auf einem größeren Gelände, inmitten vieler anderer Wohnhäuser, die man auch vermieten könne. „Per Zufall sind wir im Internet auf Warmensteinach gestoßen, das Areal wollten wir uns gleich ansehen. Für unsere Zwecke schien es zu klein. Wir sind trotzdem geblieben, haben uns eine Wohnung mit 13 m²  in Weidenberg genommen und sind weiterhin auf die Suche gegangen.“ Nach ein paar Monaten dann hätte sich der Bürgermeister von Mehlmeisel gemeldet und dem Pärchen ein paar Grundstücke gezeigt. „Der letzte Ort war ein ehemaliger Campingplatz, schöne Größe, aber leider viel zu teuer. Trotzdem wollten wir es kaufen.“ Bei der Bank schließlich hätten sie mit ihrem Konzept einer in Deutschland neuartigen Erlebnisübernachtung einen Kredit von fast einer halbe Millionen Euro bekommen. So geschah es, dass Stefanie und Philipp sich wieder „vergrößern“ konnten: Von der beengten Wohnung in Weidenberg ging es schließlich ins Minihaus.

 

Das Tiny-House-Village macht neugierig

 

 

Die Bewohner des Tiny-House-Village gewähren Einblick in die überraschende Vielfalt der Tiny-Houses.

 

 

Nordic Fjöll im Fichtelgebirge

Immerhin hat ihr Nordic Fjöll eine Bruttogrundfläche von 16 m². Durch eine verglaste Eingangstür gelangt man in das Innere des Eigenheims und steht direkt vor der Küchenzeile, die über drei Meter lang ist. Rechts geht es auf vier Stufen auf eine Empore in den Wohnzimmerbereich. Durch Panoramafenster sieht man direkt auf Mehlmeisel. Stefanie sagt, dass ein zusätzlicher Balkon in Planung sei. Unter der Empore liegt das Schlafzimmer, das nur etwas über ein Meter hoch ist. Etwas großzügiger ist das Badezimmer auf der anderen Seite mit seiner 2,5 Meter Breite und 7,5 Meter Länge.   

„Die Möbel haben wir größtenteils von Ikea“, sagt Philipp, „uns gefällt eben der skandinavische Stil, er passt ja auch gut ins Fjöll. In der Regel schauen wir natürlich, dass die Möbelstücke sich uns und dem Haus anpassen.“    

 

Tiny-House-Community

Zur Zeit leben 32 Menschen im Dorf - in 22 Häusern.

Das Flair muss stimmen.

Auf dem Gelände in der Klausenstraße befinden sich derzeit 22 Häuser, in denen 32 Menschen leben. Drei dieser Tiny Houses können derzeit von Interessierten und Urlaubern gemietet werden. Für das nächste Jahr sind noch zwei zusätzliche Häuser geplant, dann sei die Kapazität des Platzes ausreichend genutzt. Keine Erweiterung ist angedacht, was auch gut sei: „Wir wollen, dass das Verhältnis von Wohnen und Ferienmachen nicht kippt. Das Flair muss stimmen. Eine gewisse Intimität der Community ist uns wichtig“, sagt Philipp. Denn das Zusammengehörigkeitsgefühl sei von großer Bedeutung. So gebe es ein Gemeinschaftshaus für alle Bewohner, in denen man sich, besonders im strengen Winter, treffen und versammeln könne. „Dort gibt es Waschmaschinen, Gästezimmer und eine Bibliothek. Für die Zukunft sind ein Versammlungsraum und eine Bar geplant.“ Im Sommer begegne man sich bei Musik und Grillgut am Lagerfeuerplatz in der Mitte des „Dorfes“. „Wir haben momentan einen Altersdurchschnitt von 35 Jahren. Unser jüngster Bewohner ist 2, der älteste 70“, sagt Philipp. „Jede Schicht, jedes Alter ist hier vertreten und  willkommen“, fügt Stefanie hinzu und muss etwas schmunzeln: „Wir haben nicht nur digitale Nomaden, wie man sich das vielleicht so vorstellt. Die meisten unserer Bewohner arbeiten in sozialen Bereichen.“ Interessierte könnten für eine Woche in den Häusern zur Probe wohnen, um für sich selbst zu entscheiden, ob ein Leben auf diese Weise Sinn mache. „Klar ist, man muss sich erst kennen lernen“, sagt Stefanie, „wichtig ist, dass das neue Mitglied weiß, dass viele Arbeiten hier selbstständig ausgeführt werden müssen - es gibt keinen Hausmeister oder Gärtner. Auf der anderen Seite aber soll das Leben hier immer ein harmonisches Miteinander sein.“

 

5Fragen an Steffi und Philipp

1.

Was genau ist ein Tiny House?

Kurzum: Ein Mikrohaus, wobei unterschieden wird zwischen Häusern mit und Häusern ohne Rädern. Die Häuser sind ungefähr 12 Meter lang, 4 Meter hoch, 2,55 Meter breit.  

 

2.

Wie entstand die Idee einer eigenen Tiny-House-Community?

Wir waren gemeinsam ein Jahr in Kanada und haben uns sofort in diese Häuser verliebt. Wir wussten: Viel mehr Platz zum Leben braucht man nicht.

 

3.

Wer wohnt in Eurem Dorf?

Komplett durch die Bank. Jede Schicht, jedes Alter. Der Jüngste ist 2, der Älteste 70 Jahre alt.

 

4.

Habt Ihr in den Häusern und auf dem Grundstück WLAN?

Es gibt Internetanschluss, der aber schneller sein könnte.

 

5.

Wie viele Menschen leben im Dorf?

32 in 22 Häusern. Drei Minihäuser können von Urlaubern gemietet werden.  Für 2020 rechnen wir mit 50 Bewohnern in 35 Häusern.

 

Walkthrough with Philipp Sanders

 

Philipp nimmt uns mit auf eine informative und sehr detaillierte Führung durch das Tiny-House-Village.

Highlights

Tiny-House-Village Mehlmeisel Philipp Sanders
Philipp Sanders - Tiny-House-Village
  1. Mikrohäuser im Fichtelgebirge

    Steffi und Philipp verwirklichen 2017 Ihren Traum von einem Tiny-House-Village in Mehlmeisel.

  2. Gemeinschaft ist wichtig

    Das Gemeinschaftshaus und der Lagerfeuerplatz sind beliebte Treffpunkte aller Bewohner.

  3. Tiny-House-Hotel

    drei der Tiny-Houses können von Interessierten zur Probe oder von Urlaubern gemietet werden.

Interview mit Steffi Beck und Philipp Sanders - Tiny-House-Village in Mehlmeisel - Wohnen auf wenigen Quadratmetern

Stilgerechte Module für die Privatsphäre der Kinder

Zuwachs erhoffe man sich nicht nur bei den Häusern. „Einige Mütter bekommen nächstes Jahr ihr Kind, da wird bei uns einiges los sein.“ Spätestens dann dürfte der Raum in so einem Tiny House zu eng sein, oder? Philipp nickt. „Unser Ziel ist es, dass alle Kinder ab zehn Jahren ihren eigenen Anbau bekommen. Bereits jetzt haben wir Kinderzimmermodelle auf 3 mal 4 Meter gebaut, die als einfache, stilgerechte Module an die jeweiligen Häuser angegliedert werden. Theoretisch könnten diese Zimmer später dann auch weiterziehen: zum Studium in eine andere Stadt.“ Gar nicht mal so abwegig: schließlich gibt es heute in den Großstädten, in denen die Wohnungen rar oder die Mieten zu hoch sind, bereits Baucontainer, in denen die Studenten wohnen.

In Zukunft wollen die beiden ihre gemeinschaftlichen Projekte und ihren Verein Tiny House Village weiter fördern. Ein Kinderspielplatz soll gebaut und dem Permakulturclub für den Anbau von Obst und Gemüse noch größere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Philipp erklärt abschließend: „Wir beschäftigen uns mit der Idee des Vertriebs eines Bausatzes mit Materialien zur Herstellung eines eigenen Tiny Houses. So können zukünftige Bauherren ihre Kosten senken.“    

 

Hier ist das Tiny-House-Village und -Community

Fragen an die Tiny-House-Community

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Mark Zimmermann

Erstellt | Geändert

Mark Zimmermann ist Gründer von Bayern-online.de und schreibt das Blog Quergereist.de

Interview: Mark Zimmermann
Text: René Becher
Produktion: Birgit Tauscher