Cannabis-Legalisierung – es herrscht Redebedarf

Cannabis-Legalisierung – es herrscht Redebedarf

Tobias Wringer

Erstellt | Geändert

Die von der Ampelregierung geplante Legalisierung von Cannabis schlägt weiterhin hohe Wellen. Befürworter sprechen von einem richtigen Weg und betonen die Eigenverantwortlichkeit erwachsener Konsumenten. Kritiker hingegen gehen von einer stärkeren Gefährdung durch Cannabis für die Gesellschaft aus. Sie verweisen auf die Risiken des Rauschmittels, das abhängig machen und zu seelischen Erschütterungen führen kann, die in eine Psychose kulminieren. Das Thema polarisiert und emotionalisiert die Gesellschaft. Unzweifelhaft ist der bestehende Redebedarf.

Ein steiniger Weg

Die Legalisierung von Cannabis war von vornherein ein Prestigeprojekt der Ampelregierung, das im Koalitionsvertrag von den drei Regierungsparteien vereinbart wurde. FDP und Grüne hatten auf die Reform im Umgang mit Cannabis gedrängt. Die Corona-Pandemie und der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine haben das Thema lange Zeit in den Hintergrund rücken lassen. Eine mögliche Kollision mit dem EU-Recht, das den freien Verkauf illegaler Substanzen wie Cannabis verbietet, sorgte für weitere Verzögerungen.

Erst in den Beschlüssen des Bundeskabinetts am 16. August 2023 zeichnen sich für die Öffentlichkeit die ersten Konturen des neuen Cannabis-Rechts ab. Damit sich unsere Leser ein ausgewogenes Bild von dem politischen Vorhaben machen können, lassen wir einen Kritiker und einen Fürsprecher zu Wort kommen, nachdem wir die wichtigsten Eckpfeiler des Gesetzes vorgestellt haben. Die kritische Position vertritt Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD), während der Unterstützer den CBD-Shop Nordic Oil betreibt, einem der führenden Anbieter von Cannabis-Produkten in Europa.

Die wichtigsten Eckpunkte im Überblick

Nach dem neuen Cannabisgesetz werden der Anbau von drei Hanfpflanzen und der Besitz von 25 Gramm Haschisch oder Marihuana geduldet. Öffentliches Kiffen wird anders als in Luxemburg, das eine ähnliche Teillegalisierung beschlossen hat, erlaubt, ist aber an Auflagen gebunden. So dürfen die psychoaktiven Substanzen der Hanfpflanze nicht innerhalb einer Bannmeile von 200 Metern in der Nähe von Kitas, Schulen, Jugendeinrichtungen, Spielplätzen und Sportstätten konsumiert werden. Das Gleiche gilt für Fußgängerzonen zwischen 7 und 20 Uhr.

Einen freien Verkauf von Cannabis in lizenzierten Geschäften, wie dies ursprünglich von den Initiatoren des Projekts gedacht war, wird es zunächst auch in Bayern nicht geben. Stattdessen haben Interessierte die Möglichkeit, sich für den Erhalt von Cannabis in nicht gewerblichen Cannabis-Clubs anzumelden, die offiziell als Anbaugesellschaften geführt werden.

Die Mitgliedschaft dieser Vereine ist auf 500 Personen begrenzt und für den Erwerb von Cannabis gibt es ein Limit von 25 Gramm am Tag und 50 Gramm monatlich, das für Heranwachsende von 18 bis 21 Jahren auf 10 Gramm täglich und 30 Gramm monatlich reduziert ist.

Standpunkt gegen die Legalisierung

Andy Grote sieht das Vorhaben der Ampelkoalition kritisch und nimmt damit trotz seiner Parteizugehörigkeit zur SPD die Position der CDU/CSU ein, die vehement jegliche Freigabe von Cannabis ablehnt. Grohe argumentiert, dass „Erfahrungen aus anderen Ländern“ gezeigt hätten, dass „mit der Legalisierung der Konsum deutlich zunimmt – mit allen Risiken und Nebenwirkungen“. Außerdem sei zu befürchten, „dass illegales Cannabis aufgrund höherer Wirkungsgrade und günstiger Preise stark nachgefragt wird und sich Schwarz- und Legalmarkt hier vermischen“.

Standpunkt für die Legalisierung

Für den CEO und Gründer von Nordic Oil, Dannie Hansen, ist die Teillegalisierung von Cannabis hingegen ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Hansen ist der Ansicht, dass die Kriminalisierung von Personen, die sich selbstverantwortlich für den Konsum von Cannabis entschieden haben, nicht mehr in die heutige Zeit passe, die von einer bunten, diversen und freizügigen Lebensrealität geprägt sei.

Mündige Bürger sollten auch in Bezug auf ihren Konsum von Lebensmitteln so frei wie möglich sein. Durch das neue Gesetz würden Polizei und Justiz erheblich entlastet und Konsumenten besser geschützt. Hansen: „Kein Erwachsener muss mehr auf den Schwarzmarkt ausweichen und mit dem Risiko gestreckter toxischer Substanzen leben“.

Toleranz von Widersprüchen

Die geplante Teillegalisierung der Bundesregierung markiert einen Wendepunkt in der Herangehensweise an Cannabis, das aufgrund seiner erstaunlichen gesundheitlichen Potenziale bei findigen Start-ups inzwischen als  „grünes Gold“ hoch gehandelt wird. In diesem Kontext ist es der nächste logische Schritt nach der Öffnung der Hanfpflanze für die Medizin.

Dass man es bei einem neuen Gesetz mit einer derart weitreichenden Wirkung nicht allen recht machen kann, liegt in der Natur der Sache. Der Ansatz von Dannie Hansen, dass eine bunte und diverse Gesellschaft diese Widersprüche aushalten müsse, ist ein zukunftsweisender Gradmesser für künftige Entscheidungen. Er bestätigt den postmodernen Diskurs des „Anything goes“ von Paul Feyerabend und ist ein Hinweis darauf, dass Verbote zunehmend ausdienen könnten, wenn sie nicht unbedingt nötig sind.

Tobias Wringer

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