Akt 3
Der Text zum 3. Akt der Oper Götterdämmerung von Richard Wagner
Dritter Akt - Erste Szene
Wildes Wald- und Felsental am Rheine
Die drei Rheintöchter, Siegfried
Die drei Rheintöchter
Frau Sonne sendet lichte Strahlen;
Nacht liegt in der Tiefe:
einst war sie hell,
da heil und hehr
des Vaters Gold noch in ihr glänzte.
Rheingold! Klares Gold!
Wie hell du einstens strahltest,
hehrer Stern der Tiefe!
Weialala leia, wallala leialala.
Frau Sonne, sende uns den Helden,
der das Gold uns wiedergäbe!
Ließ' er es uns, sein lichtes Auge
neideten dann wir nicht länger.
Rheingold! Klares Gold!
Wie froh du dann strahltest,
freier Stern der Tiefe!
Woglinde
Ich höre sein Horn.
Wellgunde
Der Helde naht.
Flosshilde
Laßt uns beraten!
Sie tauchen alle drei schnell unter. Siegfried erscheint auf dem Abhange in vollen Waffen.
Siegfried
Ein Albe führte mich irr,
daß ich die Fährte verlor:
He, Schelm, in welchem Berge
bargst du so schnell mir das Wild?
Die drei Rheintöchter (tauchen wieder auf und schwimmen im Reigen)
Siegfried!
Flosshilde
Was schiltst du so in den Grund?
Wellgunde
Welchem Alben bist du gram?
Woglinde
Hat dich ein Nicker geneckt?
Alle drei
Sag es, Siegfried, sag es uns!
Siegfried
Entzücktet ihr zu euch den zottigen Gesellen,
der mir verschwand?
Ist's euer Friedel,
euch lustigen Frauen lass' ich ihn gern.
Woglinde
Siegfried, was gibst du uns,
wenn wir das Wild dir gönnen?
Siegfried
Noch bin ich beutelos;
so bittet, was ihr begehrt.
Wellgunde
Ein goldner Ring ragt dir am Finger!
Die drei Mädchen
Den gib uns!
Siegfried
Einen Riesenwurm erschlug ich um den Reif:
für eines schlechten Bären Tatzen
böt ich ihn nun zum Tausch?
Woglinde
Bist du so karg?
Wellgunde
So geizig beim Kauf?
Flosshilde
Freigebig solltest Frauen du sein.
Siegfried
Verzehrt' ich an euch mein Gut,
des zürnte mir wohl mein Weib.
Flosshilde
Sie ist wohl schlimm?
Wellgunde
Sie schlägt dich wohl?
Woglinde
Ihre Hand fühlt schon der Held!
Siegfried
Nun lacht nur lustig zu!
In Harm lass' ich euch doch:
denn giert ihr nach dem Ring,
euch Nickern geh' ich ihn nie!
Flosshilde
So schön!
Wellgunde
So stark!
Woglinde
So gehrenswert!
Alle drei
Wie schade, daß er geizig ist!
(Lachend tauchen sie unter.)
Siegfried
Was leid' ich doch das karge Lob?
Lass' ich so mich schmähn?
Kämen sie wieder zum Wasserrand,
den Ring könnten sie haben.
He! he, he! Ihr muntren Wasserminnen!
Kommt rasch! Ich schenk' euch den Ring!
Er hat den Ring vom Finger gezogen und hält ihn in die Höhe. Die drei Rheintöchter tauchen wieder auf. Sie sind ernst und feierlich.
Flosshilde
Behalt ihn, Held, und wahr ihn wohl,
bis du das Unheil errätst -
Woglinde und Wellgunde
Das in dem Ring du hegst.
Alle drei
Froh fühlst du dich dann,
befrein wir dich von dem Fluch.
Siegfried (steckt gelassen den Ring wieder an seinen Finger)
So singet, was ihr wißt!
Alle drei
Siegfried! Siegfried! Siegfried!
Schlimmes wissen wir dir.
Wellgunde
Zu deinem Unheil wahrst du den Reif!
Alle drei
Aus des Rheines Gold ist der Ring geglüht.
Wellgunde
Der ihn listig geschmiedet und schmählich verlor -
Alle drei
Der verfluchte ihn, in fernster Zeit
zu zeugen den Tod dem, der ihn trüg'.
Flosshilde
Wie den Wurm du fälltest -
Wellgunde und Flosshilde
So fällst auch du -
Alle drei
Und heute noch;
So heißen wir's dir
tauschest den Ring du uns nicht -
Wellgunde und Flosshilde
Im tiefen Rhein ihn zu bergen.
Alle drei
Nur seine Flut sühnet den Fluch!
Siegfried
Ihr listigen Frauen, laßt das sein!
Traut' ich kaum eurem Schmeicheln,
euer Drohen schreckt mich noch mindern
Alle drei
Siegfried! Siegfried!
Wir weisen dich wahr.
Weiche, weiche dem Fluch!
Ihn flochten nächtlich webende Nornen
in des Urgesetzes Seil!
Siegfried
Mein Schwert zerschwang einen Speer:
des Urgesetzes ewiges Seil,
flochten sie wilde Flüche hinein,
Notung zerhaut es den Nornen!
Wohl warnte mich einst
vor dem Fluch ein Wurm,
doch das Fürchten lehrt' er mich nicht!
(Er betrachtet den Ring.)
Der Welt Erbe gewänne mir ein Ring:
für der Minne Gunst miss' ich ihn gern;
ich geb' ihn euch, gönnt ihr mir Gunst.
Doch bedroht ihr mir Leben und Leib:
faßte er nicht eines Fingers Wert,
den Reif entringt ihr mir nicht!
Denn Leben und Leib,
seht: - so - werf' ich sie weit von mir!
Er hebt eine Erdscholle vom Boden auf, hält sie über seinem Haupte und wirft sie mit den letzten Worten hinter sich.
Alle drei
Kommt Schwestern!
Schwindet dem Toren!
So weise und stark verwähnt sich der Held,
als gebunden und blind er doch ist.
Eide schwor er - und achtet sie nicht!
Runen weiß er - und rät sie nicht!
Flosshilde, dann Woglinde
Ein hehrstes Gut ward ihm vergönnt.
Alle drei
Daß er's verworfen, weiß er nicht.
Flosshilde
Nur den Ring -
Wellgunde
Der zum Tod ihm taugt -
Alle drei
Den Reif nur will er sich wahren!
Leb wohl, Siegfried!
Ein stolzes Weib
wird noch heute dich Argen beerben:
sie beut uns bessres Gehör.
Zu ihr! Zu ihr! Zu ihr!
Alle drei
Weialala leia, wallala leialala.
Siegfried
Im Wasser wie am Lande
lernte nun ich Weiberart:
wer nicht ihrem Schmeicheln traut,
den schrecken sie mit Drohen;
wer dem nun kühnlich trotzt,
dem kommt dann ihr Keifen dran.
(Die Rheintöchter sind hier gänzlich verschwunden.)
Und doch, trüg' ich nicht Gutrun' Treu',
der zieren Frauen eine
hätt' ich mir frisch gezähmt!
Dritter Akt - Zweite Szene
Siegfried, Hagen, Gunther, Mannen
Hagens Stimme
Hoiho!
Mannen
Hoiho! Hoiho!
Siegfried
Hoiho! Hoiho! Hoihe!
Hagen (kommt auf der Höhe hervor. Gunther folgt ihm, Siegfried erblickend.)
Finden wir endlich,
wohin du flogest?
Siegfried
Kommt herab! Hier ist's frisch und kühl!
Die Mannen kommen alle auf der Höhe an und steigen nun mit Hagen und Gunther herab.
Hagen
Hier rasten wir und rüsten das Mahl.
Laßt ruhn die Beute und bietet die Schläuche!
Der uns das Wild verscheuchte,
nun sollt ihr Wunder hören,
was Siegfried sich erjagt.
Siegfried
Schlimm steht es um mein Mahl:
von eurer Beute bitte ich für mich.
Hagen
Du beutelos?
Siegfried
Auf Waldjagd zog ich aus,
doch Wasserwild zeigte sich nur.
War ich dazu recht beraten,
drei wilde Wasservögel
hätt' ich euch wohl gefangen,
die dort auf dem Rhein mir sangen,
erschlagen würd' ich noch heut.
agen
Das wäre üble Jagd,
wenn den beutelosen selbst
ein lauernd Wild erlegte!
Siegfried
Mich dürstet!
Hagen (indem er für Siegfried ein Trinkhorn füllen läßt und es diesem dann darreicht).
Ich hörte sagen, Siegfried,
der Vögel Sangessprache
verstündest du wohl:
so wäre das wahr?
Siegfried
Seit lange acht' ich des Lallens nicht mehr.
(Er faßt das Trinkhorn und wendet sich damit zu Gunther. Er trinkt und reicht das Horn Gunther bin.)
Trink, Gunther, trink!
Dein Bruder bringt es dir!
Gunther
Du mischtest matt und bleich
dein Blut allein darin!
Siegfried
So misch es mit dem deinen!
(Er gießt aus Gunthers Horn in das seine, so daß dieses überläuft.)
Nun floß gemischt es über:
der Mutter Erde laß das ein Labsal sein!
Gunther
Du überfroher Held!
Siegfried (leise zu Hagen)
Ihm macht Brünnhilde Müh?
Hagen (leise zu Siegfried)
Verstünd' er sie so gut,
wie du der Vögel Sang!
Siegfried
Seit Frauen ich singen hörte,
vergaß ich der Vöglein ganz.
Hagen
Doch einst vernahmst du sie?
Siegfried (sich lebhaft zu Gunther wendend)
Hei, Gunther, grämlicher Mann!
Dankst du es mir,
so sing' ich dir Mären
aus meinen jungen Tagen.
Gunther
Die hör' ich gern.
Hagen
So singe, Held!
Siegfried
Mime hieß ein mürrischer Zwerg:
in des Neides Zwang zog er mich auf,
daß einst das Kind, wann kühn es erwuchs,
einen Wurm ihm fällt' im Wald,
der lang schon hütet einen Hort.
Er lehrte mich schmieden und Erze schmelzen;
doch was der Künstler selber nicht konnt',
des Lehrlings Mute mußt' es gelingen:
eines zerschlagnen Stahles Stücke
neu zu schmieden zum Schwert.
Des Vaters Wehr fügt' ich mir neu:
nagelfest schuf ich mir Notung.
Tüchtig zum Kampf dünkt' er dem Zwerg;
der führte mich nun zum Wald:
dort fällt' ich Fafner, den Wurm.
Jetzt aber merkt wohl auf die Mär:
Wunder muß ich euch melden.
Von des Wurmes Blut
mir brannten die Finger;
sie führt ich kühlend zum Mund:
kaum netzt' ein wenig
die Zunge das Naß,
was da die Vöglein sangen,
das konnt' ich flugs verstehn.
Auf den Ästen saß es und sang:
»Hei! Siegfried gehört nun
der Nibelungen Hort!
Oh! fänd' in der Höhle
den Hort er jetzt!
Wollt' er den Tarnhelm gewinnen,
der taugt' ihm zu wonniger Tat!
Doch möcht' er den Ring sich erraten,
der macht' ihn zum Walter der Welt!«
Hagen
Ring und Tarnhelm trugst du nun fort?
Mannen
Das Vöglein hörtest du wieder?
Siegfried
Ring und Tarnhelm hatt' ich gerafft:
da lauscht' ich wieder dem wonnigen Laller;
der saß im Wipfel und sang:
»Hei, Siegfried gehört nun der Helm und der Ring.
Oh, traute er Mime, dem Treulosen, nicht!
Ihm sollt' er den Hort nur erheben;
nun lauert er listig am Weg:
nach dem Leben trachtet er Siegfried.
Oh, traute Siegfried nicht Mime!«
Hagen
Es mahnte dich gut?
Mannen
Vergaltest du Mime?
Siegfried
Mit tödlichem Tranke trat er zu mir;
bang und stotternd gestand er mir Böses:
Notung streckte den Strolch!
Hagen
Was nicht er geschmiedet,
schmeckte doch Mime!
Mannen
Was wies das Vöglein dich wieder?
Hagen (läßt ein Trinkhorn neu füllen und träufelt den Saft eines Krautes hinein)
Trink erst, Held, aus meinem Horn:
ich würzte dir holden Trank,
die Erinnerung hell dir zu wecken,
(er reicht Siegfried das Horn)
daß Fernes nicht dir entfalle!
Siegfried (blickt gedankenvoll in das Horn und trinkt dann langsam)
In Leid zu dem Wipfel lauscht' ich hinauf;
da saß es noch und sang:
»Hei, Siegfried erschlug nun den schlimmen Zwerg!
Jetzt wüßt' ich ihm noch das herrlichste Weib.
Auf hohem Felsen sie schläft,
Feuer umbrennt ihren Saal;
durchschritt' er die Brunst,
weckt' er die Braut,
Brünnhilde wäre dann sein!«
Hagen
Und folgtest du des Vögleins Rate?
Siegfried
Rasch ohne Zögern zog ich nun aus,
bis den feurigen Fels ich traf:
die Lohe durchschritt ich
und fand zum Lohn
schlafend ein wonniges Weib
in lichter Waffen Gewand.
Den Helm löst' ich der herrlichen Maid;
mein Kuß erweckte sie kühn:
oh, wie mich brünstig da umschlang
der schönen Brünnhilde Arm!
Gunther
Was hör' ich!
Zwei Raben fliegen aus einem Busche auf, kreisen über Siegfried und fliegen dann, dem Rheine zu, davon.
Hagen
Errätst du auch dieser Raben Geraun'?
(Siegfried fährt heftig auf und blickt, Hagen den Rücken zukehrend, den Raben nach.)
Rache rieten sie mir!
Er stößt seinen Speer in Siegfrieds Rücken.
Mannen
Hagen, was tust du?
Was tatest du?
Gunther
Hagen, was tatest du?
Hagen
Meineid rächt' ich!
Siegfried
Brünnhilde, heilige Braut!
Wach auf! Öffne dein Auge!
Wer verschloß dich wieder in Schlaf?
Wer band dich in Schlummer so bang?
Der Wecker kam; er küßt dich wach,
und aber der Braut bricht er die Bande:
da lacht ihm Brünnhildes Lust!
Ach! Dieses Auge, ewig nun offen!
Ach, dieses Atems wonniges Wehen!
Süßes Vergehen, seliges Grauen:
Brünnhild' bietet mir - Gruß!
Er sinkt zurück und stirbt.
Dritter Akt - Dritte Szene
Die Halle der Gibichungen
Gutrune, Hagen, Gunther, Brünnhilde
Gutrune
War das sein Horn?
Nein! Noch kehrt er nicht heim.
Schlimme Träume störten mir den Schlaf!
Wild wieherte sein Roß;
Lachen Brünnhildes weckte mich auf.
Wer war das Weib,
das ich zum Ufer schreiten sah?
Ich fürchte Brünnhild'!
Ist sie daheim?
Brünnhild'! Brünnhild'!
Bist du wach?
Leer das Gemach.
So war es sie,
die ich zum Rheine schreiten sah!
War das sein Horn?
Nein! öd alles!
Säh' ich Siegfried nur bald!
Hagen
Hoiho! Hoiho!
Wacht auf! Wacht auf!
Lichte! Lichte! Helle Brände!
Jagdbeute bringen wir heim.
Hoiho! Hoiho!
(betritt die Halle)
Auf Gutrun'! Begrüße Siegfried!
Der starke Held, er kehret heim!
Gutrune
Was geschah? Hagen!
Nicht hört' ich sein Horn!
Männer und Frauen, mit Lichtern und Feuerbränden, geleiten den Zug der mit Siegfrieds Leiche Heimkehrenden, unter denen Gunther.
Hagen
Der bleiche Held,
nicht bläst er es mehr;
nicht stürmt er zur Jagd,
zum Streite nicht mehr,
noch wirbt er um wonnige Frauen.
Gutrune
Was bringen die?
Der Zug gelangt in die Mitte der Halle, und die Mannen setzen dort die Leiche auf einer Erhöhung nieder.
Hagen
Eines wilden Ebers Beute:
Siegfried, deinen toten Mann.
Gutrune schreit auf und stürzt über die Leiche. Allgemeine Erschütterung und Trauer.
Gunther (bemüht sich um die Ohnmächtige)
Gutrun', holde Schwester,
hebe dein Auge, schweige mir nicht!
Gutrune
Siegfried - Siegfried erschlagen!
Fort, treuloser Bruder,
du Mörder meines Mannes!
O Hilfe! Hilfe! Wehe! Wehe!
Sie haben Siegfried erschlagen!
Gunther
Nicht klage wider mich!
Dort klage wider Hagen;
er ist der verfluchte Eber,
der diesen Edlen zerfleischt'.
Hagen
Bist du mir gram darum?
Gunther
Angst und Unheil greife dich immer!
Hagen
Ja denn! Ich hab' ihn erschlagen.
Ich, Hagen, schlug ihn zu Tod.
Meinem Speer war er gespart,
bei dem er Meineid sprach.
Heiliges Beuterecht
hab' ich mir nun errungen:
drum fordr' ich hier diesen Ring.
Gunther
Zurück! Was mir verfiel,
sollst nimmer du empfahn.
Hagen
Ihr Mannen, richtet mein Recht!
Gunther
Rührst du an Gutrunes Erbe,
schamloser Albensohn?
Hagen (sein Schwert ziehend).
Des Alben Erbe fordert so sein Sohn!
(Er dringt auf Gunther ein, dieser wehrt sich; sie fechten. Mannen werfen sich dazwischen. Gunther fällt von einem Streiche Hagens.)
Her den Ring!
(Er greift nach Siegfrieds Hand; diese hebt sich drohend empor. Alles bleibt in Schauder regungslos gefesselt. Vom Hintergrunde her schreitet Brünnhilde fest und feierlich dem Vordergrunde zu.)
Brünnhilde
Schweigt eures Jammers
Jauchzenden Schwall.
Das ihr alle verrietet,
zur Rache schreitet sein Weib.
Kinder hört' ich greinen nach der Mutter,
da süße Milch sie verschüttet:
doch nicht erklang mir würdige Klage,
des hehrsten Helden wert.
Gutrune
Brünnhilde! Neiderboste!
Du brachtest uns diese Not:
die du die Männer ihm verhetztest,
weh, daß du dem Haus genaht!
Brünnhilde
Armselige, schweig!
Sein Eheweib warst du nie,
als Buhlerin bandest du ihn.
Sein Mannesgemahl bin ich,
der ewige Eide er schwur,
eh Siegfried je dich ersah.
Gutrune
Verfluchter Hagen,
daß du das Gift mir rietest,
das ihr den Gatten entrückt!
Ach, Jammer!
Wie jäh nun weiß ich's,
Brünnhild' war die Traute,
die durch den Trank er vergaß!
Brünnhilde (allein in der Mitte; nachdem sie lange, zuerst mit tiefer Erschütterung, dann mit fast überwältigender Wehmut das Angesicht Siegfrieds betrachtet, wendet sie sich mit feierlicher Erhebung an die Männer und Frauen)
Starke Scheite schichtet mir dort
am Rande des Rheins zuhauf!
Hoch und hell lodre die Glut,
die den edlen Leib
des hehrsten Helden verzehrt.
Sein Roß führet daher,
daß mit mir dem Recken es folge;
denn des Helden heiligste Ehre zu teilen,
verlangt mein eigener Leib.
Vollbringt Brünnhildes Wunsch!
(Die jüngeren Männer errichten während des Folgenden vor der Halle nahe am Rheinufer einen mächtigen Scheiterhaufen, Frauen schmücken ihn mit Decken, auf die sie Kräuter und Blumen streuen.)
Wie Sonne lauter strahlt mir sein Licht:
der Reinste war er, der mich verriet!
Die Gattin trügend, treu dem Freunde,
von der eignen Trauten, einzig ihm teuer,
schied er sich durch sein Schwert.
Echter als er schwur keiner Eide;
treuer als er hielt keiner Verträge;
lautrer als er liebte kein andrer:
und doch, alle Eide, alle Verträge,
die treueste Liebe trog keiner wie er!
Wißt ihr, wie das ward?
(Nach oben blickend.)
O ihr, der Eide ewige Hüter!
Lenkt euren Blick auf mein blühendes Leid,
erschaut eure ewige Schuld!
Meine Klage hör, du hehrster Gott!
Durch seine tapferste Tat,
dir so tauglich erwünscht,
weihtest du den, der sie gewirkt,
dem Fluche, dem du verfielest:
mich mußte der Reinste verraten,
daß wissend würde ein Weib!
Weiß ich nun, was dir frommt?
Alles, alles, alles weiß ich,
alles ward mir nun frei!
Auch deine Raben hör' ich rauschen;
mit bang ersehnter Botschaft
send' ich die beiden nun heim.
Ruhe, ruhe, du Gott!
(Sie winkt den Mannen, Siegfrieds Leiche auf den Scheiterhaufen zu tragen; zugleich zieht sie von Siegfrieds Finger den Ring und betrachtet ihn sinnend.)
Mein Erbe nun nehm' ich zu eigen.
Verfluchter Reif! Furchtbarer Ring!
Dein Gold fass' ich und geb' es nun fort.
Der Wassertiefe weise Schwestern,
des Rheines schwimmende Töchter,
euch dank' ich redlichen Rat.
Was ihr begehrt, ich geb es euch:
aus meiner Asche nehmt es zu eigen!
Das Feuer, das mich verbrennt,
rein'ge vom Fluch den Ring!
Ihr in der Flut löset ihn auf,
und lauter bewahrt das lichte Gold,
das euch zum Unheil geraubt.
(Sie hat sich den Ring angesteckt und wendet sich jetzt zu dem Scheiterhaufen, auf dem Siegfrieds Leiche ausgestreckt liegt. Sie entreißt einem Manne den mächtigen Feuerbrand, schwingt diesen und deutet nach dem Hintergrund.)
Fliegt heim, ihr Raben!
Raunt es eurem Herren,
was hier am Rhein ihr gehört!
An Brünnhildes Felsen fahrt vorbei.
Der dort noch lodert,
weiset Loge nach Walhall!
Denn der Götter Ende dämmert nun auf.
So - werf' ich den Brand
in Walhalls prangende Burg.
(Sie schleudert den Brand in den Holzstoß, der sich schnell hell entzündet. Zwei Raben sind vom Felsen am Ufer ausgeflogen und verschwinden nach dem Hintergrunde zu. Brünnhilde gewahrt ihr Roß, welches zwei junge Männer hereinführen. Sie ist ihm entgegengesprungen, faßt es und entzäumt es schnell; dann neigt sie sich traulich zu ihm.)
Grane, mein Roß, sei mir gegrüßt!
Weißt du auch, mein Freund,
wohin ich dich führe?
Im Feuer leuchtend, liegt dort dein Herr,
Siegfried, mein seliger Held.
Dem Freunde zu folgen, wieherst du freudig?
Lockt dich zu ihm die lachende Lohe?
Fühl meine Brust auch, wie sie entbrennt;
helles Feuer das Herz mir erfaßt,
ihn zu umschlingen, umschlossen von ihm,
in mächtigster Minne vermählt ihm zu sein!
Heiajoho! Grane!
Grüß deinen Herren!
Siegfried! Siegfried! Sieh!
Selig grüßt dich dein Weib!
Sie hat sich auf das Roß geschwungen und sprengt mit einem Satze in den brennenden Scheiterhaufen. Sogleich steigt prasselnd der Brand hoch auf, so daß das Feuer den ganzen Raum vor der Halle erfüllt und diese selbst schon zu ergreifen scheint. Entsetzt drängen sich die Männer und Frauen nach dem äußersten Vordergrunde. Als der ganze Bühnenraum nur noch von Feuer erfüllt erscheint, verlischt plötzlich der Glutschein, so daß bald bloß ein Dampfgewölk zurückbleibt, welches sich dem Hintergrunde zu verzieht und dort am Horizont sich als finstere Wolkenschicht lagert. Zugleich ist vom Ufer her der Rhein mächtig angeschwollen und hat seine Flut über die Brandstätte gewälzt. Auf den Wogen sind die drei Rheintöchter herbeigeschwommen und erscheinen jetzt über der Brandstätte. Hagen, der seit dem Vorgange mit dem Ringe Brünnhildes Benehmen mit wachsender Angst beobachtet hat, gerät beim Anblick der Rheintöchter in höchsten Schreck. Er wirft hastig Speer, Schild und Helm von sich und stürzt wie wahnsinnig sich in die Flut.
Hagen
Zurück vom Ring!
Woglinde und Wellgunde umschlingen mit ihren Armen seinen Nacken und ziehen ihn so, zurückschwimmend, mit sich in die Tiefe. Floßhilde, den anderen voran dem Hintergrunde zuschwimmend, hält jubelnd den gewonnenen Ring in die Höhe. Durch die Wolkenschicht, welche sich am Horizont gelagert, bricht ein rötlicher Glutschein mit wachsender Helligkeit aus. Von dieser Helligkeit beleuchtet, sieht man die drei Rheintöchter auf den ruhigeren Wellen des allmählich wieder in sein Bett zurückgetretenen Rheines, lustig mit dem Ringe spielend, im Reigen schwimmen. Aus den Trümmern der zusammengestürzten Halle sehen die Männer und Frauen in höchster Ergriffenheit dem wachsenden Feuerschein am Himmel zu. Als dieser endlich in lichtester Helligkeit leuchtet, erblickt man darin den Saal Walhalls, in welchem die Götter und Helden, ganz nach der Schilderung Waltrautes im ersten Aufzuge, versammelt sitzen. Helle Flammen scheinen in dem Saal der Götter aufzuschlagen.
Als die Götter von den Flammen gänzlich verhüllt sind, fällt der Vorhang.
Ende