Der Inseldom und seine bewegte Geschichte

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Neues Leben in alten Gemäuern: Der Inseldom und seine bewegte Geschichte. 

Nach über einem Jahrhundert Schattendasein weht wieder frischer Wind in den alten Mauern der einstigen Dom- und Stiftskirche St. Sebastian und St. Sixtus auf Herrenchiemsee.

Erstmals im Oktober 2021 öffnete die Bayerische Schlösserverwaltung das historisch kontrastreiche Baudenkmal. Dem vorausgegangen waren umfangreiche Sanierungsmaßnahmen, die Besucher:innen bei Gruppenführungen einen barrierefreien Zugang zu dem teils ruinenhaft anmutenden Gebäude ermöglichen. Dr. Friedrich von Daumiller engagiert sich seit vielen Jahren für das kulturelle Erbe der Chiemsee-Region. Im Interview erzählt er über die wechselvolle Geschichte des Inseldoms, die bereits im frühen 7. Jahrhundert ihren Anfang nahm. 

Ein kurzer Einblick in das Interview mit dem Vorsitzenden des Vereins „Vereinigung der Freunde von Herrenchiemsee“. Eine ausführliche Version ist auf der Internetseite www.tourismus.prien.de sowie in dem neu erschienenen Gästemagazin „Prien am Chiemsee – I gfrei mi drauf!“ veröffentlicht.

Wann und anhand welcher Befunde konnte man nachweisen, dass bereits im Jahr 629 auf dieser Anhöhe der Herreninsel eine Klosteranlage gestanden hat?


Dr. von Daumiller: Unter Leitung von Dr. Hermann Dannheimer fanden von 1979 bis 1989 archäologische Grabungsarbeiten auf der Herreninsel statt. Dabei stieß man auf Reste einer Holzkirche, deren Erbauung die Archäologen auf das frühe siebte Jahrhundert datierten. 

Von 1676 bis 1678 wurde der gotische Dom im Geiste des Barocks prunkvoll umgebaut. Sind noch Überreste vorhanden die bezeugen, dass die Kathedrale einst ein signifikanter Bau des Frühbarocks war?


Dr. von Daumiller: Nur das oberste Geschoss vermittelt noch einen Eindruck von dem ursprünglichen Innenraum des Gotteshauses. Der Besucher wird überrascht durch das mächtige Tonnengewölbe mit den Malereien von Josef Eder aus Neubeuern und Jakob Carnutsch aus Prien.

Die Wende des 18. zum 19. Jahrhundert brachte mit der Säkularisation einen der stärksten staats- und gesellschaftspolitischen Umbrüche in der bayerischen Geschichte mit sich und läutete das unaufhaltsame Ende des Prälaturklosters ein. Was geschah mit dem Inseldom und seinem Inventar?


Dr. von Daumiller: Aufgrund des Reichsdeputationshauptschlusses vom 25. Februar 1803 gelangte die 230 Hektar umfassende Herreninsel mit allen Gebäuden samt Inventar einschließlich des gesamten sonstigen Vermögens des Chorherrenstifts in das Eigentum des Kurfürstentums Bayern. Der nächste Schritt war die Verwertung dieses riesigen beweglichen und unbeweglichen Vermögens. Im Wege einer Versteigerung erwarb der Mannheimer Kaufmann Carl von Lüneschloß die Insel mit Gebäuden für 43.650 Gulden (die heutige Kaufkraft eines Gulden würde etwa sechs Euro entsprechen), allerdings ohne Inventar, insbesondere ohne die Kircheneinrichtung - diese wurden einzeln versteigert. 

Rund ein Jahrzehnt später sorgte der neue Besitzer der „Ökonomie Gut Herrenwörth im Chiemsee“ Alois von Fleckinger für die weitgehende Zerstörung des Sakralbaus. Welche frühindustrielle Nutzung des Gebäudes schwebte dem Geschäftsmann der „neuen Zeit“ vor und ist ihm die Umsetzung gelungen?


Dr. von Daumiller: Alois Fleckinger tat sich als besonderer Schänder der Domstiftskirche hervor, wohl um der aufgeklärten staatlichen Obrigkeit zu gefallen, um dadurch in den Adelsstand erhoben zu werden. Er ließ das Presbyterium abreißen, die Türme abtragen und baute im Langhaus eine Brauerei ein. Es wurden Zwischendecken eingezogen und etliche Fenster des Domgebäudes wurden zugemauert. Die sechs Fassadenfiguren Salvator, Michael, Augustinus, Benedikt, Sixtus und Sebastian ließ er in den See werfen. 

Was waren die Herausforderungen bei der Dom-Sanierung?


Dr. von Daumiller: Die besonderen Herausforderungen bestanden darin, den Denkmalschutz, dem das gesamte Bauwerk mit allen Einbauten der Säkularisation unterliegt, mit den heutigen Anforderungen, wie Sicherheit, insbesondere Brandschutz und Barrierefreiheit in Übereinstimmung zu bringen, wobei die Kosten überschaubar sein sollen. Diese Aufgaben haben die Architekten des Staatlichen Bauamts Rosenheim und der Schlösserverwaltung überzeugend gelöst. 

Von April bis Ende Oktober 2022 kann man den Inseldom samstags, sonntags und feiertags um 11 Uhr sowie um 14 Uhr auf Führungen besichtigen. Sonderführungen sind auf Anfrage bei der Schloss- und Gartenverwaltung Herrenchiemsee möglich. Weitere Auskünfte erhält man auf der Internetseite www.herrenchiemsee.de sowie im Tourismusbüro Prien unter Telefon +49 8051 6905-0 oder info@tourismus.prien.de und im Internet unter www.tourismus.prien.de. Das Gästemagazin „Prien am Chiemsee – I gfrei mi drauf!“ ist ab Anfang April 2022 im Tourismusbüro Prien, Alte Rathausstraße 11, kostenlos erhältlich.

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