Park in Augsburg

Brechthaus

Steffen Walther

Erstellt | Geändert

Brechthaus in Augsburg

Brechthaus in Augsburg


Nach den politisch motivierten Auseinandersetzungen und Verzerrungen der Rezeption Brechts in der Zeit des Kalten Krieges begann sich im offiziellen Augsburg erst seit Mitte der Sechziger Jahre die Überzeugung durchzusetzen, daß die Vaterstadt Bertolt Brechts ihren großen Sohn ehren und an ihn erinnern sollte.

Dafür boten sich grundsätzlich zwei Möglichkeiten an: das Haus "Auf dem Rain 7" mitten in der Augsburger Altstadt, in dem Brecht am 10. Februar 1898 geboren worden war, und das Haus in der "Bleichgasse 2" am Oblatterwall, wo die Familie seit 1900 lebte, wo Brecht seine gesamte Kindheit und Jugend verbrachte, und wo er sich auch nach der Übersiedelung nach Berlin 1924 bis zur Emigration jedes Jahr für mehrere Wochen oder Monate aufhielt.

Nachdem schon 1960 auf private Initiative am Geburtshaus eine von dem Bildhauer Mastaller geschaffene Gedenktafel angebracht worden war, die heute im Eingangsbereich des Hauses hängt, war der Mythos der Geburtsstätte doch wirkungsmächtig genug, um die offizielle Erinnerung an Brecht in Augsburg auf das Haus "Auf dem Rain 7" zu konzentrieren.


1990 beschloß die Stadt Augsburg, die Erforschung, Darstellung und Vermittlung von Leben und Werk Brechts auf eine neue Grundlage zu stellen, eine Bert-Brecht-Forschungsstelle einzurichten und die Gedenkstätte neu zu gestalten.

Rechtzeitig zum 100. Geburtstag Brechts am 10.2.1998 konnte im Rahmen eines Festaktes nach einer fast zweijährigen Schließung das völlig neugestaltete Brechthaus wiedereröffnet werden.

Trotz der sehr schwierigen Raumverhältnisse und der eingeschränkten finanziellen Möglichkeiten entstand ein literarisches Museum von Rang, das zum einen der Bedeutung Brechts gerecht wird, zum anderen vor den Augen der Fachwelt bestehen kann und bei den Besuchern mit seiner Modernität und Vielfalt auf positive Resonanz stößt.

Mit ausdrucksstarken Farben und einer effektvollen Beleuchtung, einem bis in alle Details durchgestalteten und immer wieder überraschenden Erscheinungsbild, dem Ineinandergreifen von Inszenierungen, Bildern, Texten, Dokumenten und Kunstwerken, wird ein eindrucksvolles Bild von Brechts Leben, Denken und Schaffen vermittelt.


Damit gibt es in der Vaterstadt Brechts jetzt einen ständigen Ort der Begegnung mit dem Dichter, an dem der Besucher einen lebendigen und visuell nachhaltigen Eindruck von der Person des Autors und seinem Werk erhält.


Das Geburtshaus Brechts im Lechviertel, einem von Kanälen durchzogenen alten Handwerkerviertel, befindet sich nur wenige hundert Meter vom historischen Rathaus entfernt.

Der Museumsrundgang beginnt in den zwei Räumen des Erdgeschosses, in denen früher eine Feilenhauerei untergebracht war. Eine sich über die gesamte Länge hinziehende Wand gibt dem Besucher einen ersten Eindruck von Brecht.

Diese große Chronologie an den Anfang zu stellen, war mit einer grundlegenden inhaltlichen und gestalterischen Ausrichtung für das ganze Museum verbunden.

Die Aufteilung der fünf Räume im ersten Stock folgt zeitlich abgestimmten Gesichtspunkten: Kindheit und Jugend, die Zeit des Studiums und des Sich-Bewährens als Schriftsteller von 1917-1924, das Exil und die Theater-Arbeit im Anschluß seiner Rückkehr nach Europa bis zu seinem Tod.

Blickfang in dieser Chronik sind die Unterteilungen durch fünf lebensgroße Bilder aus den verschiedenen Phasen. Raumbeherrschend wirkt das überlebensgroße Porträt Brechts in Bronze von Fritz Cremer aus dem Jahre 1957, an den Wänden hängen die von Fritz Heinsheimer 1926 und Hans Tombrock 1940 gemalten Porträts Brechts. Ein weiterer Raum ist der nationalen und internationalen Rezeption Brechts auf den Gebieten der Kunst, der Literatur, des Theaters bis hin zur populären Kultur gewidmet.


Einer der leitenden Gedanken bei der Einrichtung des Museums bestand darin, Brecht selbst möglichst oft zu Wort kommen zu lassen und ihn nicht mit langatmigen Kommentaren zuzudecken, denn sein Werk ist voll von knappen, herausfordernden und erhellenden Aussagen, Gedanken und Beobachtungen, seine Stücke sind voller einprägsamer Sentenzen und Szenen.

Dennoch war nicht daran zu denken, Brechts umfangreiches Schaffen mit über 50 Stücken, über 2000 Gedichten, drei Romanen, zahlreichen Geschichten und vielen Schriften zu Kunst, Literatur und Politik im einzelnen ausführlich zu präsentieren. So mußte man die Auswahl beschränken und beispielsweise von den Theaterstücken nur zehn in den Mittelpunkt stellen, um sie - historische Bühnenbilder aufgreifend - zur Grundlage der Rauminszenierung zu machen.


In die Präsentation sind wertvolle Originale, das Schlafzimmer der Mutter Brechts, Erstausgaben seiner Werke, ein Bühnenbild von 1949, Lebend- und Totenmaske und weitere Kunstwerke von Caspar Neher, Paul Hamann, Gustav Seitz und Waldemar Grzimek einbezogen.

Eine Präsenzbibliothek und eine Videoinstallation mit Dokumentarfilmen runden das Angebot einer Begegnung mit der Persönlichkeit Brechts und seiner literarischen Entwicklung ab.

Gedenkstätte für Bertolt Brecht

Auf dem Rain 7

Telefon (0821) 324-2779 und 324-2739

Öffnungszeiten:

Dienstag - Sonntag 10.00 - 17.00 Uhr

Steffen Walther

Erstellt | Geändert