Das Volckamer-Fenster

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Das Volckamer-Fenster: Eines der spektakulärsten Glasgemälde des 15. Jahrhunderts ist ab sofort im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg zu bestaunen.

In seiner aktuellen Sonderausstellung "Das Mittelalter. Die Kunst des 15. Jahrhunderts. Preview" zeigt das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg derzeit Highlights aus seinem hochkarätigen Bestand mittelalterlicher Kunst. Nun wurde die Präsentation um ein selten zu sehendes Werk ergänzt: eine Scheibe aus dem sogenannten Volckamer-Fenster. Das Glasgemälde mit der Darstellung König Davids und zwei weiterer Propheten gehört zu einem beinahe siebeneinhalb Meter hohen Kirchenfenster, das die Ratsfamilie Volckamer 1480/81 in Straßburg für die Nürnberger Lorenzkirche anfertigen ließ. Bis Freitag, 16. September 2022 bietet sich nun die einzigartige Gelegenheit, eines der spektakulärsten Glasgemälde des 15. Jahrhunderts aus nächster Nähe zu bestaunen. 

Das Volckamer-Fenster zählt bis heute zu den bedeutendsten Beispielen der Glasmalerei des 15. Jahrhunderts. In den Jahren 1480/81 hatte es der Nürnberger Ratsherr Peter III. Volckamer für den Chor der Nürnberger Lorenzkirche gestiftet. Und obwohl das fränkische Kunstzentrum damals schon über eine lange und erfolgreiche Glasmaler-Tradition verfügte, ließ Volckamer das Fenster nicht in seiner Heimatstadt fertigen, sondern im mehr als 300 Kilometer entfernten Straßburg. Dort hatte sich 1477 eine Werkstattkooperative gebildet, ein erstaunlich modern organisierter Zusammenschluss von fünf Glasmalereibetrieben, der unter der genossenschaftlichen Vereinigung der „glasere zu Straßburg“ firmierte. 

Der Zusammenschluss ermöglichte es den Meistern, Rohstoffe gemeinsam einzukaufen und zu lagern und damit Kosten zu verringern, außerdem ihre Werkstattinfrastruktur und Netzwerke aufeinander abzustimmen. Mitarbeiter konnten flexibel eingesetzt und damit Arbeitsprozesse rationalisiert werden. Auch Entwürfe und Vorlagen wurden mitunter gemeinsam genutzt. Durch die gebündelte Kompetenz und effiziente Arbeitsteilung, gepaart mit handwerklicher Meisterschaft und entwerferischem Einfallsreichtum, gelang es der Straßburger Werkstattkooperative, Glasfenster von herausragender Qualität in großer Stückzahl herzustellen. 

Werkstattmitarbeiter reisten mit Musterstücken durch Mitteleuropa, um neue Kunden zu akquirieren. „Stroßburg finster“waren überregional begehrt. In einzelne Paneele zerlegt, wurden die gewaltigen Kirchenfenster nach ihrer Fertigstellung über hunderte von Kilometern transportiert – eine logistische Meisterleistung, wie sie für den Kunstbetrieb des 15. Jahrhunderts allerdings durchaus charakteristisch war. Auf diese Weise gelangte auch das Volckamer-Fenster nach Nürnberg. 

Die technische Perfektion der Scheiben sowie die bis heute strahlende Brillanz der Farben faszinieren. Dabei erstaunt besonders die präzise Detailarbeit, die Glasmaler für Scheiben aufwandten, die in vielen Metern Höhe montiert wurden. Der Blick auf diese Feinheiten lässt ahnen, warum der Nürnberger Ratsherr Peter III. Volckamer den großen Aufwand auf sich nahm, das Fenster von den „glasere zu Straßburg“ fertigen zu lassen. Er setzte damit seiner Familie ein Denkmal, das bis heute die übrigen Glasfenster im Chor der Lorenzkirche überstrahlt. 

Alle paar Jahrzehnte lässt die Kirchengemeinde von St. Lorenz die mittelalterliche Chorverglasung ausbauen, um den Zustand der Glasgemälde zu überprüfen und Reinigungs- und Konservierungsmaßnahmen durchzuführen. Eine der Scheiben wurde dem Germanischen Nationalmuseum nun ausgeliehen. Dadurch besteht für rund 3 Monate die für jede Generation einmalige Möglichkeit, eine Darstellung aus dem Volckamer-Fenster aus nächster Nähe zu betrachten. 

Das Fenster als Thema einer öffentlichen Führung:

Am Mittwoch, 7. September 2022 um 19 Uhr stellt Kurator Dr. Benno Baumbauer das Volckamer-Fenster in einer einstündigen Führung im Germanischen Nationalmuseum vor.

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