Was klappert am rauschenden Bach?

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Nachbericht: Was klappert am rauschenden Bach? Ein Erkundungsrundgang mit Einblicken in die Wassergeschichte von Stadtsteinach.

Eine der schönsten Wanderungen im Frankenwald ist der 11 km lange Mühlenweg mit seinen 18 Wassermühlen. Bei der gut dreistündigen Erkundungstour der Kulturinitiative "Die Wüste lebt e.V.", des Frankenwaldtheaters und der Stadt Stadtsteinach konnten rund 20 Interessierte am vergangenen Samstag allerlei über die Wasserwelt und die bewegte Mühlen-Geschichte von Stadtsteinach erfahren: Vom Mahlen von Getreide, über Sägen von Holz bis hin zur Stromerzeugung. In der Innenstadt standen ehemals acht Mühlen auf gerade einmal 2 km. Die beiden heute noch erhaltenen Mühlen konnten hautnah erlebt werden: die Schneidmühle am Hochhofen sowie die Kunstmühle am Stadtpark.

Von der schönen Müllerin und den gesellschaftlichen Zusammenhängen bis hin zu unbekannten Techniken wurde von Stadtrat Wolfgang Martin die vergangene Zeit unterhaltsam sichtbar gemacht und anschaulich Bezüge zur heutigen Zeit hergestellt: Was war eigentlich eine Lohemühle und wie sah der letzte Lohmüller von Stadtsteinach aus? Wie war das mit Verhüttung zur Gewinnung von Eisen im Hochofen? Warum braucht es eine Fischtreppe an der Ausleitung des langen Mühlbaches? Warum mussten die Mühlenbesitzer immer den Mühlbach reinigen? Warum gab es einen Mühlenrichter, der die Konflikte zwischen Bäcker, Müller und Landwirt schlichten musste? Und warum war der Getreidemüller kein angesehener Beruf?

Die Energie aus Wasser wurde in Stadtsteinach zum Mahlen von Getreide, von Rinde (Lohmühle 1724), von Eisenerz (Schussermühle 1783), zum Holzsägen (Schneid- oder Sägmühlen) oder zur Mineralzerkleinerung (Hammermühle 1348) schon ab dem Mittelalter genutzt.

Noch bis 1920 wurde der gesamte Elektrizitätsbedarf von Bayern durch Wasserkraft gedeckt. Heute wird immerhin noch 25 % elektrische Energie in Bayern durch Wasser erzeugt. So sind auch in der Neumühle sowie in der ehemaligen Papierfabrik im Steinachtal aktuell zwei Turbinenanlagen zur Erzeugung von Elektrizität in Betrieb. Auch die Schneidmühle war von 1912 bis zur Restaurierung 1981 durch die Fachhochschule Düsseldorf mit einer Turbine ausgerüstet. Die technische Entwicklung allerdings fing bei den hölzernen Wasserrädern an und wurde erst im 19. Jahrhundert durch Erfindungsgabe im Zusammenhang mit hochwertiger Metallverarbeitung zu Hochleistungsturbinen weiter entwickelt.

Die diesjährige Stadtführung folgte dem Lauf des städtischen Mühlbaches, einer der großen Ausleitungen der Unteren Steinach. Die unteren beiden Mühlen sind heute nicht mehr existent: eine Sägemühle (Segmul) auf dem Anwesen Wallasch gibt es seit 1952 nicht mehr und die für den Brand der Kirche St. Michael 1903 ins Gerede gebrachte Kappelmühle aus dem Jahre 1798 ist 2019 abgerissen worden. Einige herumliegende Mühlsteine zeugen noch von deren Existenz - hier soll ein "Mühlenpark" mit einer Kneippanlage entstehen.

In der heutigen Kunstmühle, deren Ursprung sich bis ins 14. Jahrhundert (Pletzmul 1350) nachverfolgen lässt, wird heute regionales Getreide zu hochwertigem Qualitätsmehl gemahlen. Kunst deshalb, weil elektrischer Strom eine wirtschaftliche Nutzung garantieren soll. Die Partheimühle war lange Zeit eine Wassermühle mit Getreidemahlwerk und Holzschneidwerk. Dirk Partheimüller erklärte anschaulich die vielen Transmissionen und Siebwerke, die sich auf vier Stockwerke erstrecken, anschaulich. Die erzeugten Getreideprodukte sind übrigens in einem kleinen Mühlenladen direkt im Gebäude erhältlich. Das an die Kunstmühle angrenzende Wohnhaus ist eines der ältesten noch erhaltenden Häuser von Stadtsteinach und wurde 1558 zeitgleich mit der Mühele erbaut. Mittels einer gründlichen Generalsanierung soll es zusammen mit der Attraktivierung des Stadtparks eine neue Bedeutung erhalten.

An der Lohmühle aus dem Jahre 1724 zeigte Roland Fickenscher das ehemalige Schwimmbad im Mühlbach und machte auf die heute wieder zahlreichen Fischsorten im Mühlbach aufmerksam. Der letzte Lohmüller von Stadtsteinach war Aegid Schirmer stellte hier noch bis in die 1940er Jahre aus Eichenrinde Gerbsäure zur Lederveredelung her.

Zum Abschluss fand ein beeindruckender Schneidvorgang eines Fichtenstammes durch Maximilian Grampp in der 1981 restaurierten Schneidmühle am Hochofen statt - allerdings nicht mit Wasserkraft, sondern mit einem Elektromotor. Der passionierte Holzmüller erläuterte inmitten der ursprünglichen Ausstattung die frühere Bedeutung des Berufs sowie die Funktionsweise und Arbeitsleistung der Mühle. Diese Mühle (Kremersche Mühle) hat neben seinem beeindruckenden Wasserrad eine spannende Entstehungsgeschichte: Ab 1865 brauchte es zwei Jahre, viele Ämtergänge und Überzeugungskraft, bis Johann Kremer und Paul Baier die Genehmigung durch diverse Amtsträger und die Anlieger für eine Ausleitung aus der Steinach für die Errichtung einer Holz- und Schneidmühle vorlag. Die beiden wollten nach den verheerenden Waldbrüchen von 1856 und 1860 in die Holzwirtschaft einsteigen. Ein Geschäft das über Jahrhunderte den Frankenwald prägte und viele gesellschaftliche und persönliche Auseinandersetzungen brachte.

Text: Wolfang Martin/Hannah-Katharina Martin

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